Dubai, die Stadt der Extreme
Meine erste Reise in die arabische Welt führt nach Dubai, die verrückte Stadt in den Vereinigten Arabischen Emiraten. Diesmal ist aber kein Trainingslager, sondern Urlaub geplant. Auf den Sightseeing-Touren fallen uns dabei auch krasse Gegensätze auf, die nachdenklich machen. Was mein Lauftraining angeht, hält sich das Defizit trotz Urlaubsmodus in Grenzen. Insgesamt spule ich immerhin rund 120 Kilometer ab, wegen der Hitze aber nur früh oder abends.
1. Tag: Ankunft in Dubai
Mit dem Zug geht es zum Flughafen München, wo ich mich am frühen Abend mit meinen Eltern und meiner Schwester treffe. Es ist wohl erstmal die letzte gemeinsame Reise, da bald Nachwuchs ansteht und sich meine Flexibilität dadurch etwas reduziert 😉
Unser Flug geht mit Emirates über Nacht direkt nach Dubai, wo wir früh morgens ankommen. Es ist der nach Passagieren drittgrößte Flughafen der Welt. [1]
Ein Shuttle bringt uns zum Armada-Avenue-Hotel im südlichen Teil der Stadt. Da wir noch nicht in die Zimmer einchecken können, geben wir unsere Koffer ab und laufen zum Strand. Auf dem Weg werde ich wegen der schlaflosen Nacht extrem müde. Es wäre es besser gewesen, am Pool zu bleiben und ein Nickerchen zu machen. Noch dazu gibt es gleich einen leichten Sonnenbrand für unsere blasse Winterhaut.
Auf dem Rückweg zum Hotel finden wir ein günstiges Restaurant am See. Auch abends essen wir ganz in der Nähe wieder gut. Im Hotel haben wir nur Frühstück gebucht, was optimal ist, um jeden Tag etwas neues zum Abendessen auszuprobieren.
2. Tag: Sturz beim Joggen
Morgens gehe ich erstmal joggen, um mich zu akklimatisieren (es ist ganz schön heiß) und an die neue Umgebung zu gewöhnen.
Zurück im Hotel kommt der Fahrtstuhl ewig nicht, also nehme ich die Treppe in den 25. Stock. Dort angekommen muss ich überrascht feststellen, dass der Ausgang verschlossen ist. Zwei Ebenen tiefer ist zwar ein Ausgang, aber der führt in einen benachbarten Anbau und ich verlaufe mich komplett. Am Ende muss ich einen anderen Fahrtstuhl nach unten nehmen, um das Gebäude herum gehen und lande wieder am Anfang…
Beim Frühstück erfahre ich von tragischen Nachrichten aus dem Bekanntenkreis meiner Eltern, wo es einen Todesfall gab. Das belastet natürlich die Stimmung über den ganzen Urlaub hinweg. Aber wir versuchen trotzdem, das Beste aus der Zeit hier zu machen. Es gibt auch noch zwei drei andere kleine „Zwischenfälle“, die wir uns selbst zuzuschreiben haben und die ich hier nicht weiter ausführen möchte. Ganz nach dem Motto: What Happens in Dubai Stays in Dubai, um die alte Vegas-Analogie zu nennen.
Tagsüber sind wir wieder am Strand und abends steht eine Laufrunde im Dunkeln an. Allerdings passe ich am Ende des Laufs kurz nicht auf und stürze aufs linke Knie (mal wieder). Es ist zwar nicht so schlimm wie beim letzten Mal auf Menorca, aber zwei bis drei Tage Laufpause sind sicherlich notwendig. Den Rest des Abends ärgere ich mich über diesen dummen Fehler.
3. Tag: nördlicher Stadtteil
Am frühen Morgen gegen 5 Uhr wache ich auf. Der Grund: Laute Beschallung von draußen. Über Lautsprecher an den Hochhäusern dringt der Muezzin, der arabische Gebetsruf, durch die offene Balkontür herein. Es ist eine seltsame Stimmung, wie in der relativen Ruhe der Nacht diese künstlichen Klänge durch die Häuserschluchten schallen – ein unwirklicher Mix aus archaischer Religion und modernen Wolkenkratzern, wie in einem Science-Fiction-Film. Hier ein kurzer Ausschnitt davon.
Nach dem Frühstück gehen wir zur Metro, die autark ist und ohne Fahrer auskommt. Alles funktioniert erstaunlich gut. Ich steige aber wegen der guten Sicht aus Versehen ins vordere Abteil ein, was Frauen und Kindern vorbehalten ist. Eine Frau weist mich wenig später freundlich darauf hin und ich gehe zwei Abteile nach hinten.
Wir fahren rund 20 Minuten in den imposanten nördlichen Stadtteil zur Dubai Mall und zum Burj Khalifa, dem mit 829 Metern höchsten Gebäude der Welt. Später schauen wir noch das im Dunkeln sehr schön beleuchtete Museum of the Future von außen an.
Trotz kurzem Takt von wenigen Minuten ist die Metro jetzt total überfüllt. Ich schaffe es gerade noch, mich als letzter mit hinein zu quetschen. Dubai ist eben eine Metropole mit mehr als 3 Mio. Einwohnern und kann auch recht chaotisch sein.
In der Metro fällt mir auf, dass es viel mehr Männer als Frauen gibt und die meisten aus Ländern wie Indien, Pakistan oder Bangladesch zu stammen scheinen. Statistisch kommen auf eine Frau in Dubai rund 2,3 Männer. [2] Dabei dürfen Männer aber wiederum bis zu vier Ehefrauen haben.
4. Tag: Die Altstadt und das „andere“ Dubai
Gestern war die Zeit zu knapp, um unser geplantes Programm abzuarbeiten, deshalb geht es heute nochmal in die gleiche Richtung. Wir fahren in die Altstadt von Dubai, die einen schönen, aber auch künstlichen Eindruck macht. Alles scheint extra für Touristen hergerichtet.
Auf dem Rückweg zur Metro sehen wir dann die andere Altstadt, die von heruntergekommenen Wohnungen für Arbeiter aus den Zuwanderungsländern dominiert wird. Unter den vielen Menschen auf den Straßen sind auch hier fast nur Männer.
Es ist eine Stadt der Kontraste, auch in Bezug auf Reichtum und Armut, wie man es in einer Steueroase erwartet. Trotzdem wirkt alles sehr sicher, da viele Orte videoüberwacht sind und es sehr viel Security-Personal gibt.
Als Tourist zählt man hier pauschal zu den Reichen, und das macht mich nachdenklich. Trotzdem sehe ich es nicht als falsch, hierher zu kommen und sich das Ganze mal mit eigenen Augen anzuschauen, um sich eine Meinung zu bilden.
Auf dem Rückweg steigen wir nochmal beim Burj Khalifa aus und schauen uns die aufwändige Wassershow an, die abends mehrfach stattfindet. Jetzt wird auch der Turm selbst angeleuchtet und mit beweglichen Motiven bestrahlt, was technisch sehr ausgereift erscheint. Währenddessen ist hier alles voller Menschen, ein einziges Gedränge.
Zwischendurch spreche ich mit einem jungen Mann aus Tunesien, der erst vor fünf Tagen nach Dubai gekommen ist und hier nach Arbeit sucht. Er erzählt von seinen schwierigen Wohn- und Lebensverhältnissen vor Ort. Trotzdem ist er voller Energie und fest davon überzeugt, hier Karriere zu machen – ich hoffe, er findet seinen Weg.
5. Tag: Die Palme
Heute morgen versuche ich den ersten kurzen Lauf nach dem Sturz. Allerdings fühlt es sich nicht gut an, sodass ich nach 3 km aufhöre. Am Vormittag nehmen wir die Tram in Richtung Palm Jumeirah, der weltbekannten, künstlich angelegten Insel. Dann noch eine Station mit der Monorail zum Aussichtspunkt, wo wir in der 52. Etage die ganze Gegend überblicken können.
Anschließend geht es weiter zum markanten Luxushotel Atlantis, das in der Mitte des Außenrings um die Palme liegt.
Schließlich fahren wir noch mit dem Bus am berühmten Burj al Arab vorbei, dem einzigen „7-Sterne-Hotel“ der Welt (offiziell sind es trotzdem nur fünf). Und zum Abschluss gehen wir bis zum Sonnenuntergang am öffentlichen Strand baden.
6. Tag: Expo 2020
Am Morgen wieder ein Testlauf fürs Knie. Diesmal schon 7 km, es wird jetzt besser. Dafür werde ich aber beim kurzen Dehnen im Schatten von den fiesen Mücken zerstochen, die mir bisher gar nicht aufgefallen sind. Es gibt aber einige Ecken, in denen durchaus einige der kleinen Monster herumschwirren!
Unter der Dusche frage ich mich, wo hier eigentlich das ganze Wasser herkommt. Die Antwort: Dubai hat etwas außerhalb im Südwesten die größte Meerwasserentsalzungsanlage der Welt, die täglich rund 2,1 Mio. Kubikmeter Wasser bereitstellt! Allerdings wird das Ganze wie zu berfürchten war mit fossilen Brennstoffen betrieben. [3]
Den Rest des Tages verbringen wir auf der Expo 2020, die wegen Corona verschobenen wurde. Dafür hatten wir Freikarten von Emirates bekommen.
Das Gelände ist riesig und unzählige Gebäude wurden extra dafür gebaut. Insgesamt 192 Länder stellen aus, und trotz zwischenzeitlich schwieriger Coronalage kamen von Oktober bis März mehr als 24 Mio. Besucher. [4] Wieder mal ein ziemlicher Wahnsinn! Immerhin soll das Gelände in Zukunft als eigene Stadt weiter genutzt werden – man darf gespannt sein, ob das wirklich klappt.
Angesichts der teils langen Wartezeiten würde man es wahrscheinlich in einer ganzen Woche nicht schaffen, sich alle Pavillons anzuschauen. Allein beim deutschen Auftritt muss man etwa 4 Stunden anstehen, was wir uns natürlich ersparen.
7. Tag: Irrfahrt durch die Stadt
Endlich fühlt sich das Knie wieder gut an. Nach einer Joggingrunde zum Strand arbeite ich etwas am Notebook.
Nachmittags leihen wir dann ein Auto für die letzten 3 Tage aus. Kurz darauf aber die Ernüchterung: Die Navigation ist angesichts vieler mehrspuriger Straßen, unzähliger Abzweige und einer Vielzahl an Überführungen schwieriger als gedacht. Noch dazu ist sehr viel Verkehr und der Tank fast leer. Dank Google Maps schaffen wir es aber bis zum Strand, an dem wir vorgestern schon waren.
Abends gehe ich noch eine zweite Runde laufen, diesmal durch die Wohngebiete Jumeirah Park und Jumeirah Islands. Letztere sind eigentlich nicht öffentlich zugänglich, aber zufällig finde ich einen Hintereingang 😉
8. Tag: Jebel Jais und Ras Al Khaima
Heute steht eine größere Tour an, also brechen wir zeitig auf. Der erste und wichtigste Stopp ist an der Tankstelle, denn inzwischen hat die Nadel in der Anzeige schon gar nicht mehr abgehoben. Das Tanken selbst ist dann ein ziemlicher Kontrast zu Deutschland. Ein Liter kostet 3,12 Dirham, das sind umgerechnet etwa 80 Euro-Cent.
Mit vollem Tank fahren wir ein Stück durch die Stadt und dann Richtung Wüste. Der nächste Stopp ist bei den Flamingos im Ras al Khor Wildlife Sanctuary nicht weit außerhalb der Stadt.
Anschließend geht es eine ganze Weile auf der Wüstenautobahn nach Norden. Dann biegen wir in Richtung Jebel Jais ab, dem höchsten Berg der Emirate. Auf dem Weg nach oben sehen wir viele Sportwagen, die in der kurvigen Straße ihre Rennstrecke sehen, aber auch einen Unfall – ein Lamborghini, der in die Leitplanke gekracht ist, vorn ziemlich kaputt, Airbags offen und mit einer großen Ölspur auf der Straße.
Bis ganz hinauf zum Berg kommen wir nicht, da dort bereits die Grenzregion zum Oman beginnt. Nach einer kleinen Spritztour auf der Sommerrodelbahn fahren wir nach unten und weiter zur Küstenstadt Ras Al Khaima. Dort essen wir in einem kleinen Restaurant, in dem wir eine schöne, traditionelle Bodensitzecke bekommen. Zudem sind hier auch die Preise günstiger als in Dubai.
Danach gehen wir noch kurz baden und beginnen die Rückfahrt. Dabei fällt uns wieder auf, dass fast nur Männer draußen unterwegs sind. Nur in den touristischen Ecken von Dubai ist das Verhältnis relativ ausgeglichen.
Die Rückfahrt geht nicht durch die Wüste, sondern entlang der Küste. Es ist zwar Sonntagabend, aber trotzdem jede Menge Verkehr und Stau vor allem in der Stadt Schardscha, was uns einige Nerven kostet.
9. Tag: Abu Dhabi
Nachdem gestern alles geklappt hat, starten wir heute noch einen Ausflug. Kurz nach Beginn der Fahrt halten wir an der zweiten, südlichen Palme, die sich seit vielen Jahren im Baustopp befindet. Leider ist alles komplett abgesperrt, aber direkt nebenan ist ein kleiner Strand zugänglich. Von dort aus ist der Anfang der Palme zu sehen. Darauf befinden sich gut sichtbar die einsamen Pfeiler einer einst geplanten Hochstraße. Es ist eine Bauruine in extremen Dimensionen, über das weitgehend Stillschweigen bewahrt wird.
Wir fahren weiter nach Süden bis Abu Dhabi und dort direkt zur weltbekannten Scheich-Zayid-Moschee. Am Eingang die Überraschung: Kein Eintritt ohne PCR-Coronatest. Scheinbar sieht man das Thema in Abu Dhabi nicht so locker wie im Emirat Dubai. Wir haben natürlich keinen Test und müssen wieder raus. Draußen passt die Security ganz genau auf, wo und wie Fotos gemacht werden. Es ist eine seltsame, unangenehme Atmosphäre.
Als nächstes fahren wir zum bekannten Corniche Beach. Davon ist allerdings der größte Teil privat. Auf den etwa 300 öffentlichen Metern sind gleich vier Rettungsschwimmer anwesend, und das, obwohl man selbst an den wenige Meter vom Strand entfernten Bojen locker noch stehen kann. Ich denke, das Personal ist wohl eher dazu da, für die generelle Ordnung zu sorgen.
Nach einem leckeren, aber überteuerten Burger fahren wir weiter nach Yas Island. Dort schauen wir uns die hippe Waterfront an. Damit ist die kleine Stadtrunde geschafft und wir kommen wieder auf die Autobahn zurück nach Dubai.
10. Tag: Lange Laufeinheit
Nach dem Frühstück arbeite ich am Notebook. Dann geben wir unser Auto ab und gehen zum Strand. Unterwegs kaufe ich mir endlich mein für jede Reise obligatorisches Souvenir, einen Magneten für den Kühlschrank.
Am späten Nachmittag steht das letzte Projekt an, ein Lauf entlang aller Straßen auf der Palme. Doch daraus wird leider nichts. Bis auf zwei der Wedel sind alle Zugänge abgesperrt und nur für die (reichen) Anwohner zugänglich. Echt schade!
Dafür sehe ich aber zufällig die bekannte Wassershow bei „The Pointe“ und laufe dann als Plan B noch ein ganzes Stück an der Küstenstraße und später auf dem schön angelegten Lauf- und Radweg nach Norden und wieder zurück.
Wegen der Hitze war ich erst gegen 17 Uhr losgelaufen und fast von Anfang an im Dunkeln unterwegs, aber selbst dann ist es noch ziemlich warm. Zum Glück gibt es am Kite Beach und weiter nördlich Trinkwasserstationen, an denen man seine Flaschen auffüllen kann. Weniger gut ist aber die Luftqualität entlang der vielbefahrenen Straßen. Und man muss an einigen Stellen gut aufpassen, nicht überfahren zu werden. Es ist und bleibt eben eine Autostadt.
Zum Glück geht aber alles gut. Zufrieden komme ich gegen halb zwölf nachts wieder im Hotel an. Jetzt freue ich mich auf die Rückreise und darauf, wieder in kühler Umgebung und sauberer Luft im Wald laufen zu können.
Wie kühl es wirklich wird, weiß ich jetzt noch nicht: Zwei Tage später werden wir einen Wintereinbruch mit viel Schnee in Würzburg haben.
11. Tag: Der Scheich kehrt heim
Abreisetag. Ein letzter Lauf zum Strand und ein kurzer Sprung ins Wasser. Frühstück, Checkout, kurz an den Hotelpool bis das Shuttle kommt und ab zum Flughafen. Alles läuft reibungslos.
Leider landen wir verspätet in München, sodass ich meinen Zug verpasse. Also fahre ich im Auto mit nach Auerswalde, um von dort aus morgen den Zug zurück nach Würzburg zu nehmen.
Plötzlich fühlt sich die Reise an, als wäre es alles nur ein Traum gewesen, so groß erscheint mir der Kontrast.
Quellen:
[1] Wikipedia, Stand: 01.04.2022
[2] statista, Stand: 01.04.2022
[3] Wikipedia, Stand: 02.04.2022
[4] Gulf News, Stand: 02.04.2022