Challenge Wanaka Half – Verrücktes Rennen vor Mega-Kulisse
Manchmal geht einiges schief und es ist trotzdem gut. Weil man etwas draus lernt. Und weil die Kulisse einfach für alles entschädigt. Genau so war es in Wanaka.
Der Wettkampf war von Anfang an als Trainingsrennen gedacht. Ich war für die Radtour in Neuseeland mit meinem alten Rennrad ohne Auflieger unterwegs und habe es auch im Wettkampf gefahren. Klar, dass man damit nichts reißen kann, aber Spaß sollte es schon machen.
Zudem hatte ich Mountainbike-Plattformpedale montiert. Damit konnte ich in Laufschuhen Rennrad fahren. Der Grund: Dies war das einzige Paar Schuhe, das ich dabei hatte. Auch die kleinen Taschen am Rahmen ließ ich für das Rennen dran. Unter all den Rädern im Wettkampf fiel meine Kiste also durchaus als „schräg“ auf.
Aber es gab auch ein echtes Problem. Ich hatte keinen Neoprenanzug dabei. Der wäre für den Rucksack viel zu groß und schwer gewesen. Ich dachte, man könnte sicher auch ohne Neo schwimmen, aber daraus wurde leider nichts. Direkt in der Ausschreibung steht drin, dass man einen Neo tragen muss.
Doch einen Neo zu leihen war gar nicht so einfach. Im Triathlon-Laden „Racers Edge“ gab es nur welche zu kaufen. Zum Glück hatte Ian, der Eigentümer unseres ersten Hostels (Wanaka Bakpaka – die beste Adresse in der Stadt), zufällig noch einen alten Neo da, den ich nehmen konnte. Danke!
Zwei Tage vor dem Wettkampf waren wir zurück in Wanaka. Zwischendurch hatten wir eine Woche lang mit dem Auto die Westküste erkundet, beim Marathon in Westport mitgemacht und einige (halsbrecherische) Wandertouren in den Bergen am Arthur’s Pass und Mount Cook absolviert.
Für echtes Tapering war es zu spät, aber zumindest ein bisschen Erholung musste sein. Und was ist besser zur Regeneration als ein ordentliches Essen? Also habe ich bei der Pastaparty mal richtig reingehauen. Und zwar so viel, dass es mir echt übel ging und ich nur gebückt und in Zeitlupe zum Hostel zurücklaufen konnte.
Dann der Tag vor dem Rennen. Ab zum Race Briefing, Startunterlagen abgeholt und Rad eingecheckt. Alles wie bei unseren Rennen zu Hause, mit einer Ausnahme: Man muss sich beim Einchecken wiegen lassen. Und zwar, damit die Ärzte im Notfall eine eventuelle Dehydration ausschließen können. Ich habe es dann sogar geschafft, im Wettkampf soviel zu essen und zu trinken, dass mein Zielgewicht identisch zum Checkin-Gewicht war.
20. Februar: Race Day
Ich ging zeitig raus, um die Wechselbeutel zu platzieren und das Rad startklar zu machen. Es war dunkel, kalt und windig. Ganz im Ernst, ich hätte an diesem Tag keine Langdistanz machen wollen.
Vor dem Schwimmstart stellte ich fest, dass ich etwas underdressed war. Ian’s Neo hatte kurze Arme und Beine. Fast alle Starter hatten lange Neos an, einige sogar Füßlinge und Schwimmhauben aus Neopren. Mir wurde Angst und Bange. Wie würde das wohl enden heute?
Das Schwimmen war von Anfang an eine Katastrophe. Ich war in den letzten 5 Wochen nur 1 Mal locker schwimmen und fand überhaupt keinen Rhythmus. Zudem war der kurze Neo ungewohnt. Im See waren durch den Wind auch ordentliche Wellen, gegen die man anschwimmen musste.
Ein Fehler war, am Vortag nicht beim Testschwimmen dabei gewesen zu sein. Dann hätte ich zumindest etwas Orientierung gehabt. Nun aber war das Problem, dass man auf dem letzten Stück direkt gegen die gerade aufgegangene Sonne schwimmen musste und praktisch nichts sehen konnte. Null Orientierung, nur hin und wieder ein paar Luftblasen vorne links und rechts von anderen, über die ganze Breite verstreuten Athleten.
Ich wusste mir nicht anders zu helfen, als zum Brustschwimmen überzugehen. Dann kurz umdrehen und anhand der Sicht nach hinten den groben Weg nach vorne abschätzen. Was natürlich fett Zeit gekostet hat. Außerdem drückte Michaela’s Schwimmbrille zu sehr und ich musste sie auf halber Strecke abnehmen und anders positionieren.
Am Ende habe ich den Weg um die Bojen aber gefunden. In einer unterirdischen Schwimmzeit von mehr als 40 Minuten. Danach kam allerdings noch ein völlig verkorkster Wechsel aufs Rad, da sich der Neo einfach nicht öffnen ließ. Irgendetwas hatte sich da total verheddert. Naja, wieder mal selbst schuld. Man sollte fremdes Material eben vorher mal ausprobieren 😉
Nach dem desaströsen Start ging es aufs Rad. Jetzt wenigstens ein schönes intensives Training absolvieren. Es war mächtig Wind auf der Strecke, keine leichten Bedingungen. Mit der Zeit verkrampfte die Muskulatur an der Unterseite der Füße, da der Laufschuh beim Drücken aufs Pedal nachgab und der Fuß das stabilisieren muss. Bei Klickpedalen hat ja der Schuh eine steife Sohle, was durchaus ein Vorteil ist.
Die 90 Kilometer boten eine großartige Kulisse. Das konnte man sich zwischendurch immer mal wieder kurz anschauen, wenn der Streckenverlauf es gerade zuließ. Es ist schon klasse, hier einen Wettkampf mitmachen zu können – das haben sich ganz bestimmt viele Teilnehmer gedacht.
Ein Ziel hatte ich mir gesetzt: Die schnellste Wechselzeit vom Rad zum Laufen zu holen. Leider hat es nicht ganz geklappt. Ein Profi-Athlet war 4 Sekunden und ein anderer 1 Sekunde schneller. Keine Ahnung, wie die das gemacht haben. Ich musste ja nichtmal Schuhe wechseln. Schade, wäre ein cooles Extra gewesen.
Schon auf den ersten Metern des Halbmarathons merkte ich, dass die Beine gut sind. Ratz fatz kassierte ich einen nach dem anderen ein. Auch die Schotterpiste und die Anstiege im mittleren Teil der Strecke waren überhaupt kein Problem. Ganz im Gegenteil, hier waren die anderen eher sogar noch langsamer.
Außerdem versuchte ich die neue „Dauergel-Taktik“. Das bedeutet, immer ein Gel in der Hand zu haben und es jeweils bis zur nächsten Verpflegungsstelle stückchenweise einzunehmen, sodass immer genug Zuckerlösung im Mund ist. Ich weiß, das ist schlecht für die Zähne. Aber über die Mundschleimhaut geht ein Teil direkt ins Blut, sodass der Blutzuckerspiegel nie zu tief fällt.
Der Halbmarathon hat super geklappt. Ob das nun an der Gel-Taktik lag oder nicht, muss ich noch ein paarmal testen. Jedenfalls konnte ich die hohe Pace bis ins Ziel halten. Am Ende war es die 14.-schnellste Laufzeit aller Teilnehmer, hätte ich nicht gedacht.
Durch den schnellen Lauf hat es bei den Männern für Platz 41 gereicht. Im Zielzelt gab es dann gute Verpflegung, vor allem leckere Subs. Es war insgesamt ein spannender Wettkampf bei schwierigen Bedingungen vor großartiger Kulisse. Und ja, gelernt habe ich dabei eine Menge – vor allem, was den Schwimm-Part angeht 🙂
Später ging es dann noch zum Wanaka Bakpaka, Ian’s Neo abgeben. Auf dem Weg traf ich noch ein paar der hinteren Läufer von der Langdistanz, die gerade den Marathon absolvierten. Ich feuerte an und sagte, dass sie gleich im Ziel sind – nur, um mit Erstaunen die Antwort zu hören, dass sie noch eine Runde (21 km) zu laufen hätten.
Ganz ehrlich, das ist absurd. Es wurde schon fast dunkel, und diese Leute hatten noch nichtmal die Hälfte der Laufstrecke geschafft. Einer hatte sogar präventiv eine Stirnlampe auf. Das ist kein richtiger Sport mehr, sondern eigentlich nur noch Wahnsinn. Und eine elende, einsame Quälerei, denn am Streckenrand war schon längst keiner mehr zum Zuschauen da (außer die paar Streckenposten, die Nachtschicht schieben mussten).
Abends gingen wir noch schön beim Inder essen. Ein echter Geheimtipp, es heißt Bombay Place. Wir waren daher schon zum zweiten Mal dort. Am nächsten Tag ging es mit der gepackten Radkiste nach Queenstown. Wie die letzten Tage in Neuseeland verliefen, kannst du am Ende meines Rundreise-Beitrags lesen.
Einmalig geniale Aktion! Weiter so.
Danke Malte! Das ganze Training und die Quälerei haben sich gelohnt, im Oktober geht’s nach Kona 🙂 Hoffe dir gehts gut, sag Bescheid wenn du mal in Würzburg bist.