Am „Ende der Welt“ auf El Hierro
Das neue Jahr beginnt ausnahmsweise mal entspannt: Mit einem kurzen Urlaub auf der entlegenen Kanareninsel El Hierro. Wir verbringen eine Woche an diesem traumhaften, ruhigen, kleinen Ort, der bis zum Jahr 1492 als „Ende der Welt“ bekannt war. Anschließend hängen wir noch eine Teide-Expedition auf Teneriffa, unserer An- und Abreiseinsel, dran.
1. Tag: Flug nach Teneriffa und Fähre nach El Hierro
Gestern war Silvester, aber wir sind tatsächlich zeitig ins Bett und haben den Beginn der neuen Dekade „verschlafen“. Am Morgen geht es sehr zeitig raus. Ich fahre mit dem Rad von Micha zu mir und laufe dann zum Bahnhof, Micha nimmt den Bus. Am Bahnhof angekommen frieren wir noch eine halbe Stunde, bis der verspätete Zug endlich kommt. Der Flug von Nürnberg nach Teneriffa klappt problemlos. Weiter geht es dann mit dem Bus nach Los Cristianos, wo wir noch Zeit zum Spazieren am Strand und für eine leckere Pizza haben, bevor am Abend die Fähre nach El Hierro ablegt. Etwas mehr als 100 km geht es übers Meer, bis wir nachts dort ankommen und per Bus nach Valverde fahren. Dort treffen wir auch gleich unseren Gastgeber für die erste Nacht – der lange und anstrengende Anreisetag ist also geschafft.
2. Tag: Erkundung rund um Frontera
Erstmal ausschlafen. Der erste Blick aus dem Fenster ist allerdings ernüchternd: Es ist kühl, windig und bewölkt?! Ich mache erstmal einen kurzen Stadtrundgang, wobei „Stadt“ etwas übertrieben klingt, so ruhig wie hier alles ist. Überraschend entdecke ich das Büro der lokalen Busgesellschaft TransHierro und erfahre, dass man hier auch ein Auto anmieten kann – für 23 Euro pro Tag bei einer Woche Mietdauer, perfekt! Wir wollten online ein Auto mieten, aber es gab fast keine Verfügbarkeiten, und auf Teneriffa war die Mitnahme des Autos auf der Fähre entweder nicht gestattet oder es war unverschämt teuer.
Als wir das Auto mittags abholen, läuft alles extrem locker ab: Kleinere Dellen und Kratzer am Auto, kostenlos einen zweiten Fahrer eintragen, und der Warnhinweis, dass ein Ölwechsel erforderlich ist – alles „no problema“. Da die Tankanzeige nur zwei von zehn Strichen hat, ist unser erster Halt an der Tankstelle. Hier überlegen wir nicht lange und tanken einfach voll. Erst danach stellen wir fest, dass wir auf dieser kleinen Insel den ganzen Sprit wohl überhaupt nicht verfahren können. Tja, Pech gehabt, zu spät…
Auf der Fahrt nach Frontera sind wir begeistert, wie grandios die enorme Bergkette rund um das ganze Tal wirkt, als wir uns aus dem Tunnel heraus der Stadt nähern.
Nach dem Checkin ist es erst Nachmittag und wir entscheiden uns, gleich noch die Gegend oben an der Abbruchkante der Bergkette zu entdecken. Oben angekommen wandern wir die kurze La-Lania-Runde und fahren anschließend noch zu den Aussichtspunkten Mirador de Jinama und für den Sonnenuntergang nach El Pinar.
3. Tag: Inselrundfahrt
Heute Nacht kommt plötzlich so starker Wind auf, dass ich mehrmals aufwache. Und auch morgens und tagsüber pfeift es ordentlich durch. Wie wir später erfahren, kann diese Wetterlage hier im Dezember und Januar auftreten. Uns wird der Wind heute und morgen erhalten bleiben – und dafür sorgen, dass oben am Berg keine Wolken sind und freie Sicht herrscht. In den Tagen danach lässt der Wind deutlich nach, aber dafür halten sich die Wolken am Berg, was hier die meiste Zeit des Jahres der Fall ist und für die einzigartige Vegetation in den Bergen sorgt.
Für heute planen wir eine Inselrundfahrt. Von Frontera geht es über das Bergdorf Sabinosa hinunter nach Pozo de la Salud, wo plötzlich auch nahezu Windstille herrscht und es in der Sonne angenehm warm ist.
Dann fahren wir weiter bis zum Strand bei Playa del Verodal.
Die nächsten beiden (erneut windigen) Stopps sind an den entlegensten Stellen der Insel, dem „Ende der Welt“ bei der Anlegestelle Muelle de Orchilla und am Monumento Meridiano Cero.
Danach ist es schon spät und wir fahren über den Pass zurück nach Frontera.
4. Tag: Trailrun und Fahrt zum Malpaso
Um mein Lauftraining nicht allzu sehr schleifen zu lassen, setze ich heute einen besonderen Reiz: Einen Trail-Lauf von Frontera auf äußerst steilem Weg hinauf zum Jinama-Aussichtspunkt und wieder runter. Wie hart diese Einheit vor allem bergab für die Muskulatur war, werde ich in den kommenden Tagen anhand eines höllischen Muskelkaters zu spüren bekommen.
Mittags brechen wir dann mit dem Auto erneut in der Berge auf. Die Straße führt praktisch bis ganz nach oben zum höchsten Berg der Insel, dem Malpaso (1501 Meter). Wir parken fast ganz oben und drehen dann eine lockere Wanderrunde bei allerbester Aussicht auf die Insel sowie die Nachbarinseln Teneriffa, La Gomera und La Palma.
5. Tag: Am Strand bei Las Playas
Heute steht ein entspannter Strandtag an. Über Valverde fahren wir auf die gegenüberliegende Inselseite an den Strand bei Las Playas, der ebenfalls von einer beeindruckenden Bergkette umgeben ist. Wir nehmen uns Zeit, am Strand zu sitzen, das kleine Cafe an der Straße zu besuchen und eine Runde im Meer zu schwimmen, in dem aufgrund des steinigen Meerbodens auch verschiedene Fische zu beobachten sind.
Auf der Rückfahrt halten wir noch kurz an der Steilküste bei Las Puntas, um am Aussichtspunkt El Rio die beeindruckenden Wellen zu beobachten.
Nach Sonnenuntergang checken wir in unsere Unterkunft für die letzten drei Tage ein, dem schicken Hotel bei Pozo de la Salud.
6. Tag: Trailrun zum Malpaso
Der Muskelkater ist heute morgen enorm, aber ich lasse es mir nicht nehmen, nochmal einen ausgedehnten Trailrun zu unternehmen. In entsprechend vorsichtigem Tempo laufe ich vom Hotel auf Meereshöhe über Sabinosa den steilen Trail hinauf bis zur Abbruchkante. Dort beginnen auch die Wolken, die seit gestern mit der neuen Wetterlage aufgezogen sind.
Entlang des Grats laufe ich weiter nach oben bis zum Malpaso, der allerdings ebenfalls komplett in Wolken gehüllt ist.
Bergab nehme ich einen anderen Weg durch einen wunderbaren „Märchenwald“, den ich so zuvor noch nirgends gesehen habe – ähnlich nur damals auf unserer Rundfahrt auf La Gomera.
Weiter unten spüre ich neben dem Muskelkater jetzt auch ein Stechen auf der Innenseite des linken Fußgelenks. Diesen Schmerz kenne ich von der Zugspitzwanderung im Oktober letzten Jahres. Wahrscheinlich ist es eine Folge von Überbelastung beim schnellen Bergablaufen, wie ich es vorgestern für den Körper ziemlich überraschend gemacht habe.
Abends essen wir leckeren, frischen Fisch auswärts in einem Restaurant, nachdem das Abendessen im Hotel am Vortag leider ziemlich enttäuscht hat. Das Frühstück ist dort allerdings in Ordnung, sodass wir es alle drei Tage nehmen – eine willkommene Abwechslung zum klassischen Müsli in der Ferienwohnung zuvor.
7. Tag: Fahrt zum Südende der Insel
Außer dem südlichen Teil haben wir inzwischen fast alles abgefahren. Heute schauen wir uns zunächst den fast schon heiligen Ort des „Wolkenbaumes“ bei Arbol Garoe an, wo die Einwohner früher Wasser aus der Nebelkondensation gewannen, die auch das Wachstum der Bäume und Pflanzen in den Bergen der Insel überhaupt erst ermöglicht. Dann fahren wir zum Südende der Insel nach La Restinga, um zu baden und zu sonnen – leider etwas zu lang mit leichtem Sonnenbrand am Bauch. Am Nachmittag geht es weiter zum nahegelegenen Playa de Tacoron, wo man sehr schön schwimmen sowie Fische und Krebse beobachten kann. Und abends halten wir an der Steilküste bei Frontera noch an den beiden Naturpools Charco Azul und Charco los Sargo.
Im Autoradio läuft die meiste Zeit „Kiss FM“, ein Sender, der die meiste Zeit Oldies aus den 80er Jahren spielt. Und ab und zu verstehen wir auch einige spanische Sätze der Moderatoren – es geht also voran mit dem Projekt „zweite Fremdsprache“ 🙂
8. Tag: Wolkenwanderung und Fähre nach Teneriffa
Und schon bricht unser letzter Tag auf der Insel an. Wir checken im Hotel aus und überlegen, was wir angesichts des sehr wolkigen Tags noch machen können. Eigentlich war Sonne angesagt und wir wollten baden gehen, weil wir dachten, inzwischen schon alles gesehen zu haben. Doch weit gefehlt: Als wir uns entscheiden, nochmal in die Berge hinauf zu fahren und dort eine Wanderung in den auf und ab ziehenden Wolken zu machen, entdecken wir einen Trail mit vielen überraschenden Pflanzen, der uns einmal mehr staunen lässt.
Am Nachmittag geben wir unser Auto einen Tag früher als geplant in Valverde ab (und mit immerhin drei von zehn Strichen bei der Tankanzeige) und nehmen den Bus zum Hafen. Dort gehe ich nochmal kurz schwimmen, bevor wir die Fähre zurück nach Teneriffa nehmen.
9. Tag: Teide-Expedition
Wir sind einen Tag früher von El Hierro abgereist, um heute noch einen ganzen Tag für eine Expedition auf den höchsten Berg in ganz Spanien, den Teide hier auf Teneriffa, zu haben. Wir nehmen den Bus bis zur Haltestelle Montana Blanca und wandern den zunächst recht flachen Trail hinauf. Dann wir es sehr steil und unser Tempo schwindet mit der zunehmenden Höhe. Vor allem über 3000 Metern spüren wir die immer dünnere Luft.
Da die Seilbahn heute wegen des starken Winds nicht fährt, kontrolliert oben an der Bergstation auf 3550 Metern niemand, ob die Wanderer eine Genehmigung haben, auf den Gipfel zu gehen – der Weg ist also frei! Allerdings sind die letzten knapp 200 Höhenmeter echt anstrengend und ich muss sogar kurz anhalten, um durchzuschnaufen. Hinzu kommen die zunehmenden Kopfschmerzen, die schon bei 3000 Metern anfingen, und etwas Übelkeit. Zwar ist es durch das sonnige Wetter nicht wirklich kalt, aber dafür weht ein kräftiger Wind und oben am Krater kommen stinkende Schwefeldämpfe hinzu. Dennoch genieße ich die rund fünf Minuten, die ich am Gipfel bin, ganz allein, und gefühlt „auf einem anderen Planeten“ beim Blick nach unten.
Dann aber nichts wie runter von diesem Vulkan. Über den sperrigen Trail auf der gegenüberliegenden Seite zum Aufstieg gehen wir hinab zum „kleinen Teide“, dem Pico Viejo, und weiter hinunter bis zum Parkplatz bei Paradores Canadas del Teide. Allerdings sind wir ziemlich spät dran. Der Bus zurück ist schon lange weg und die Sonne geht bereits unter. Wir fragen die letzten Touristen am Parkplatz, ob uns jemand mitnehmen kann, aber zunächst ohne Erfolg. Ohne die wärmende Sonne wird es jetzt schnell sehr kalt hier oben auf immerhin noch 2200 Metern. Ein Spanier, der uns vorhin beim Abstieg joggend entgegen kam, nimmt uns dann zum Glück mit und fährt uns sogar extra bis fast zurück. Muchas Gracias Ivan! Wir schätzen heute Abend ganz besonders das angenehme, aber nicht selbstverständliche Gefühl, im warmen Bett schlafen zu können, statt oben am Teide bei weit unter Null Grad und fiesem Wind…
10. Tag: Rückflug nach Leipzig
Am Vormittag nochmal Sonne am Strand genießen – das war die Idee. Leider wird daraus nichts, denn es hängt eine dichte Wolkendecke über Los Cristianos. Trotzdem schwimme ich noch eine Runde im Meer und wir trinken in Ruhe einen Kaffee, bevor es mittags mit dem Bus zum Flughafen geht.
Unser Flug geht nach Halle/Leipzig und kommt wegen starkem Wind leider etwas verspätet an. Nach Würzburg schaffen wir es heute nicht mehr, also fahren wir mit dem Zug in Richtung Auerswalde und erst morgen zurück.