„Urlaub“ in den Schweizer Bergen
Nach der Slowenien-Reise fahre ich mit Michaela in die Schweizer Berge, erst nach Davos und anschließend nach Scuol nahe des Schweizer Nationalparks. Und wir haben Glück in diesem sonst eher verregneten Sommer: Das Wetter ist super, sodass es beinahe jeden Tag auf einen anderen Berg geht. So kann ich viele Höhenmeter für die anstehenden Trail-Läufe im Herbst sammeln.
1.-5. Tag: Die Berge um Davos
Am späten Vormittag fahren wir in Würzburg los. Micha hat eine große Kiste mit Essen für unterwegs und die ersten Tage dabei, sodass wir erstmal gut versorgt sind. In Lindau am Bodensee machen wir eine kurze Pause direkt am Wasser bei den Schwänen. Urlaubsstimmung!
Am frühen Abend sind wir in Davos und checken in unser Solaria-Apartment ein. Dann drehe ich noch eine kleine Runde um den See. Dabei spüre ich gleich, dass die Stadt auf fast 1600 Metern Höhe liegt, denn es ist erfrischend kühl – ein angenehmer Kontrast zur Hitze der letzten Tage in Izola.
Den nächsten Tag nutzen wir für eine erste Erkundungstour durch die „kleineren“ Berge. Micha fährt mit der Bahn zum Jakobshorn und macht eine ruhige Tour, während ich bis hinauf wandere und dann den Gipfeltrail über das Jatzhorn und hinten im Tal wieder zurück zum Apartment laufe.
Tags darauf nehmen wir die Bahn nach Klosters Platz. Mit unserer Gästekarte können wir Bus und Bahn regional kostenfrei nutzen und bekommen Vergünstigungen auf die Preise der Bergbahnen. Mit dem Lift geht es heute (auch für mich) den Berg hoch bis zum Gotschnagrat. Von dort aus wandern wir entlang des schönen Gipfeltrails über den Casanna bis zum Weissfluh.
Zurück nach Davos fahren wir dann mit der erstaunlich steilen Parsennbahn, die tatsächlich auf Schienen (!) verläuft. Wirklich beeindruckend.
Am vierten Tag starte ich meine größte Etappe in diesem vermeintlichen „Trainingslager“. Inspiriert durch die Strecke des Swissalpine K43 Ultratrail geht die Laufrunde von Davos zunächst moderat bis hinauf zur Dürrboden-Hütte.
Von dort aus laufe ich über den Scaletta-Pass hinunter ins schöne und ruhige Ova-Funtauna-Tal.
Unten angekommen geht es wieder hinauf nur nächsten Hütte, an der man auf den (leider extrem geschrumpften) Gletscher am imposanten Piz Kesch schauen kann. Dann drehe ich um und laufe wieder in Richtung Davos, diesmal über den 2740 Meter hohen Sertigpass.
Vom Pass geht es hinunter ins Tal und dort weiter entlang eines welligen Mountainbike-Trails, der mir die letzten Körner raubt. Insgesamt waren das heute knapp 50 bergige Kilometer, ich bin also erstmal „satt“.
Den letzten Tag in Davos nutze ich also gerne zur Erholung. Mit der Bahn geht es nach Davos Wiesen, wo wir uns das Viadukt und die Landwasser-Brücke anschauen.
Zurück in Davos arbeite ich nachmittags im schönen Kaffeeklatsch noch etwas am Notebook. Insgesamt hält sich die Arbeitszeit in diesem Urlaub aber in Grenzen, was ich für die Zukunft auch so beibehalten möchte. Denn zuletzt war die Work-Life-Balance schon ziemlich stark ins Schwanken geraten (allerdings in die falsche Richtung).
6.-10. Tag: Scuol und Schweizer Nationalpark
Von Davos nehmen wir den Flüelapass nach Scuol. Dort angekommen besichtigen wir vor dem Checkin das Schloss im Ortsteil Tarasp – allerdings nur von außen, denn heute ist geschlossen. Das macht aber nichts, denn draußen bietet sich ein gutes Panorama. Also nutzen wir die Kulisse für ein schönes gemeinsames Selfie.
Am nächsten Tag nehmen wir (ausnahmsweise) mal wieder einen Lift. Damit geht es hinauf zur Bergstation Naluns. Von dort aus wandern wir auf recht einfachen Trails in Ruhe auf den Piz Clünas. Anfangs ist es stark bewölkt und kühl, sogar mit leichtem Nieselschauer. Es ist unser schlechtestes Wetter in diesem Urlaub, aber das ermöglicht eine interessante Beobachtung: Schmetterlinge, Bienen und Fliegen sitzen regungslos, wie festgefroren an den Blüten der vielen Blumen und warten auf die Sonne.
Oben angekommen ziehen die Wolken zum Glück etwas auf, sodass wir sogar eine ganz gute Aussicht ins Tal bekommen.
Anschließend geht es auf anderer Route wieder zurück zur Bergstation, wo das Highlight des heutigen Tages wartet: Eine Fahrt mit dem Trottinett, einer Art Fatbike-Roller, über rund 10 Kilometer via Ftan hinunter zur Talstation!
Der dritte Tag in Scuol startet bewölkt, doch gegen 10 Uhr reißt der Himmel plötzlich auf. Wir waren wegen der schlechten Prognose etwas langsam in den Tag gestartet, aber jetzt bin ich motiviert, gleich heute meine große Runde zu absolvieren: 2000 Höhenmeter hinauf zum Piz Lischana, dann durch die ehemalige Gletscherlandschaft und wieder hinunter nach S-charl.
Von S-charl laufe ich zurück nach Scuol, muss aber den geplanten Weg durch die Clemgia-Schlucht streichen. Diese ist seit einem verheerenden Unwetter im Jahr 2017 geschlossen. Scheinbar hat es hier einige Brücken weggespült, und ich möchte nicht das Risiko eingehen, mich da unten zu verzetteln. Schon weiter oben sah der Flussverlauf ziemlich furchteinflößend aus: Meterhohe Geröllanhäufungen, zerquetschte Baumstämme überall, und immer wieder große Erdrutsche an den seitlichen Hängen.
Nach der langen Tour steht im Wechselspiel von Be- und Entlastung tags darauf wieder eine lockere Runde an. Wobei es dann gar nicht ganz so locker wird. Von S-charl aus gehen wir den sehr schönen, ruhigen Trail durch den Wald hinauf. Hier erinnern wir uns an die spannende 3sat-Reportage, die wir gestern über das geheime Leben der Bäume gesehen haben. Das schafft gleich eine ganz andere Perspektive und Wahrnehmung, was die Wanderung zu einem ganz besonderen Erlebnis macht.
Nach Überschreiten der Baumgrenze geht es weiter bis zum Gipfel, dem Mot dal Gajer.
Der Berg ist nur rund 2800 Meter hoch, bietet aber aufgrund seiner zentralen Lage einen großartigen Rundumblick auf die vielen 3000er des umliegenden Schweizer Nationalparks. Gerade heute ist die Aussicht bei nahezu wolkenlosem Himmel spektakulär, sodass wir trotz starkem Wind eine ganze Weile oben sitzen bleiben.
Nur unsere Abstiegsroute ist nicht gerade optimal, da sich der Weg zunehmend in Kuh-Trails verliert. Eine kleine Planungspanne passiert eben selbst dem erfahrensten Guide ab und zu 😉
Als wir am nächsten Morgen aufwachen, ist ganz oben am rund 3000 Meter hohen Hausberg etwas Schnee zu sehen. Auch hier unten in Scuol ist die Luft etwas kühler, etwa 15 Grad. Das macht aber nichts, denn für den letzten Tag steht eine ganz besondere Attraktion auf dem Programm, die keine optimalen Bedingungen erfordert: Der spektakuläre Felsenweg ganz oben in der Uina-Schlucht. Vom Parkplatz in Sur En gehen wir dahin den einfachen Forstweg und den anschließenden Trail etwa 1000 Höhenmeter hinauf und später den gleichen Weg wieder zurück.
Ab nach Hause
Nach all den Touren und Erlebnissen bricht der Abreisetag an. Meine Beine sind platt, sodass es nicht weiter schlimm ist, in den Alltag zurückzukehren, und mich körperlich zu regenerieren. Wichtiger ist, dass die letzten Wochen vor allem mental sehr erholsam waren!
Auf dem Rückweg halten wir noch kurz in Schaan im kleinen Königreich Liechtenstein, aber haben leider schlechtes Timing: Nach dem Tod der Fürstin ist dort gerade Trauerwoche. Also werden wir dem kleinen Land wohl erst später mal einen richtigen Besuch abstatten.
Auf der Autobahn nach Würzburg rechne ich nochmal nach: Insgesamt sind in Slowenien und der Schweiz in den letzten 23 Tagen insgesamt 315 km und 15.000 Höhenmeter mit Wandern und Joggen zusammengekommen. War es also nun ein Urlaub oder ein Trainingslager?!