Neues Experiment: Autophagie
Vereinfacht gesagt ist Autophagie die Müllabfuhr unseres Körpers. Für eine genauere Definition sagt beispielsweise Wikipedia:
Autophagie bezeichnet den Prozess in Zellen, mit dem sie eigene Bestandteile abbauen und verwerten. Dies reicht von fehlgefalteten Proteinen bis zu ganzen Zellorganellen. […] Der Prozess ist für ein Gleichgewicht zwischen der Produktion neuer und dem Abbau alter Zellbestandteile notwendig. [1]
Im Prinzip läuft die Autophagie in unseren Zellen fortlaufend ab. Aber erstens nur auf Sparflamme. Und zweitens wird der Prozess mit zunehmendem Zellalter weniger effektiv. Im Laufe der Zeit kann sich deshalb so viel Müll in unseren Zellen ansammeln, dass es zum Problem für das Gesamtsystem unseres Körpers wird. Tatsächlich wird eine ineffiziente Autophagie als wichtige Ursache für viele Zivilisationskrankheiten vermutet.
Interessant ist, dass die Autophagie besonders dann auf Hochtouren läuft, wenn es eine Weile nichts zu essen gibt. Dann heißt es „Grundreinigung“: Alles raus, was keine Miete zahlt. Der Mangel an Nahrungsenergie löst den Abbau von nicht essentiellen Zellbestandteilen aus, sodass die wirklich überlebenswichtigen Prozesse weiterhin mit Energie versorgt werden können. Das ist auch förderlich für das Immunsystem, da auf diesem Weg etwa Viren, Bakterien und andere Fremdkörper in unseren Zellen mit „verheizt“ werden.
Das Problem: In unserer modernen Welt mit drei Hauptmahlzeiten am Tag kommt die Autophagie nie so richtig in Fahrt. Eine Folge ist, dass sich suboptimale Stoffwechselprodukte und andere überflüssige Bestandteile im Lauf der Zeit in unseren Zellen anhäufen. Zudem steht unser Verdauungssystem unter Dauerstress. Die beteiligten Organe müssen ständig an und aus geschaltet werden. Schlechte Darmbakterien werden fortlaufend gefüttert und können sogar die Oberhand gewinnen.
Früher war kurzzeitiges Hungern für unsere Vorfahren beinahe der Normalfall, sodass der Stoffwechsel regelmäßig auf den Normalzustand zurückgesetzt wurde. Auch das Verdauungssystem bekam in dieser Zeit eine Verschnaufpause und konnte sich nachhaltig erholen. Die logische Lösung für das moderne Leben lautet deshalb, ab und zu eine kleine „Hungersnot“ zu simulieren.
So funktioniert es
Nach einigen Recherchen habe ich mich für folgenden Ablauf zur Umsetzung entschieden:
● Der Zeitraum zum Fasten sind die ersten drei Tage des Monats (Ausnahmen sind Urlaubsreisen und anstehende Wettkämpfe)
● Am Vortag des Fastenbeginns versuche ich, möglichst gesund zu essen, also viele Ballaststoffe und vor allem Gemüse; die Portionen können ruhig groß sein
● Das Fasten dauert drei Nächte und drei Tage, wobei ich am Abend des dritten Tages wieder etwas esse; dabei kommen insgesamt knapp 70 Stunden zusammen
● Keine Kalorien oder feste Nahrung; nur Wasser, nicht-süßer Tee oder schwarzer Kaffee über den Tag verteilt; es ist wichtig, genug Wasser zu trinken
● Die erste Mahlzeit am Abend des dritten Tages sollte relativ klein sein, im Idealfall Gemüse, um die Systeme behutsam wieder zu starten
Die ersten Erfahrungen
Bisher habe ich das Ganze dreimal absolviert, zu Beginn der Monate Januar, Februar und März. Es war durchaus eine Herausforderung, durchzuhalten, auch wenn es im Nachhinein immer alles ganz einfach aussieht.
Interessant war, wie schnell mein Körper in eine Art Ruhemodus überging. Schon am ersten Abend hatte ich einen niedrigen Ruhepuls von 35 bis 38 Schlägen pro Minute, und am zweiten Abend war der Wert extrem niedrig (32 bis 35 Schläge).
In der Nacht nach dem ersten Nüchterntag konnte ich recht gut schlafen, aber die Nacht darauf war deutlich schwieriger. Hier schlief ich dann wesentlich kürzer und war nach etwa sechs Stunden am Morgen des dritten Fastentags wieder hellwach.
Der dritte Tag war dann besonders schwierig. Ich fühlte mich körperlich schwach und konnte mich nicht lange konzentrieren. Schon der kleinste Gedanke an Essen oder ein leichter Essensgeruch ließen mir das Wasser im Mund zusammen laufen, was sicherlich kontraproduktiv war. Zudem hatte ich das Gefühl, dass mein Körper mehr gestresst als erholt war, da infolge des stärkeren Hungersignals nun wohl Cortisol ausgeschüttet wurde. Drei Tage erscheinen mir deshalb als Optimum, da danach eventuell auch negative Effekte wirken.
Beim ersten Versuch ging ich jeden Tag locker joggen: Etwa 20 km am ersten, 10 km am zweiten und 5 km am dritten Tag. Rückblickend war das zu viel. In Zukunft werde ich nur am ersten Tag laufen gehen, um die Speicher zu leeren und schneller in den Autophagiemodus zu kommen, und am zweiten und dritten Tag nur einen kurzen Spaziergang machen. Das ist auch besser, da Training mit komplett leeren Speichern eventuell auch gesunde Strukturen angreift, die man erhalten möchte.
Zudem habe ich beim dritten Mal Fasten den Fehler gemacht, als erstes eine größere Menge Gebäck und anderen Süßkram zu essen. Darauf folgte eine Art Heißhungerattacke, sodass weiterhin eher ungesunde Sachen folgten. Im Ergebnis fühlte ich mich am Tag danach richtig schlecht und habe mir den positiven Effekt damit wohl selbst wieder zunichte gemacht. Das werde ich auf keinen Fall wieder passieren lassen!
Fazit
Ich bin von den positiven Effekten überzeugt und werde weiter an der monatlichen Autophagie festhalten. Etwa ein- bis zweimal pro Woche lege ich zudem einen normalen Nüchterntag ein (etwa 20 Stunden von einem Tag auf den nächsten). Und im Herbst folgt in der Saisonpause eventuell der erste Test einer ganzen Nüchternwoche – mal schauen.
Quelle: Wikipedia, Autophagozytose, Zugriff am 28.03.2021
Hallo Marko,
sehr cool, dass du auch das Fasten in dein Leben integrierst!
Fast genau vor einem Jahr (Ende Februar 2020) haben wir ja beim „langsamen Halbmarahton“ auf der Laufbahn darüber gesprochen. 🙂 Erinnerst du dich?
Ich habe dir ja damals auch beschrieben, das die „Nacht 1“ schlafmäßig sehr gut funktioniert und der „Tag 1“ danach richtig gut wird, dass es aber ab „Nacht 2“ gefühlsmäßig zunehmend „kritischer“ wird.
Es war interessant zu lesen, dass du meine Erfahrung mit „Nacht 1“,… auch erlebt hast / erlebst (inklusive dem Leid des Folgetages, wenn du dich „suboptimal“ ernährt hast 😉 ).
Im vergangenen Jahr habe ich 19 mal gefastet. Das „Nacht-2-Problem“ geht meiner Erfahrung nach leider nicht weg. Ich habe aber festgestellt, dass ich am „Tag 1“ (= Gestern das letzte Mal gegessen) wirklich „all out“ mit dem Kalorienumsatz gehen kann (> -8000kcal) und sich der Prozess trotzdem immer fast genau gleich anfühlt. Gleichzeitig bin ich aber empfindlicher für „zu viel Zucker und Fett“. Wenn ich mal so esse sind Unterbauchschmerzen am Folgetag so gut wie sicher. Auch ohne vorher 3 Tage gefastet zu haben. Evtl. kommt das auch davon, dass ich ja mittlerweile schon seit 8 Jahren nur einmal pro Tag (Dinner) esse, also sozusagen jeden Tag ein (ca.) 24h-Fasten-Zeit-Fenstern durchlaufe und sich hormonelle Regulation, sowie die Darmflora signifikant verändert haben!?
Aus meiner Sicht überwiegen sowohl die faktisch-logischen, als auch die gefühlsmäßigen Vorteile diesen einen „Nachteil“ (der ja eigenltich keiner ist, sondern sogar zu „gesünderem“ Essverhalten anregt) absolut und wird durch Überlegungen zur Evolution bestätigt. Sehr wahrscheinlich gab es innerhalb von 300tausend Jahren „Jetztmenschgeschichte“ keinen einzigen Jäger, der jeden Tag Etwas zu essen hatte und Zucker-Fett-Bomben i heutigen sinne gab es ja auf jeden Fall nicht.
Es würde mich sehr interessieren, was du für weitere Erfahrungen machst!
Danke Marcel. Tatsächlich hast du mich damals dafür motiviert, es mal auszuprobieren, hatte es seitdem die ganze Zeit im Hinterkopf (kalt duschen ebenfalls, klappt gut). Und dann zu Silvester endlich mal fest vorgenommen. Jetzt im April habe ich pausiert, war gerade 18 Tage im Süden trainieren, da ist der Energieumsatz sehr hoch. Werde dafür 2 x 2 Tage als Erstz in den kommenden zwei Wochen testen. Deine ERfahrung, dass energetisch am ersten Fastentag „alles geht“, habe ich auch gemacht, fühle mich da immer sehr gut und bin top fokussiert.