Trainingswoche in Ägypten
Kurzfristig ergibt sich dieses Jahr im Februar die Möglichkeit, eine Trainingswoche in Ägypten zu verbringen. Meine Eltern, meine Schwester und ihr Freund haben eine Woche nahe Marsa Alam gebucht. Ich bin also „das fünfte Rad am Wagen“. Doch das macht nichts, schließlich bietet sich das Wetter dort im Februar geradezu für ein kleines „Trainingslager“ an. An den insgesamt 7 Tagen, die wir im Malikia Resort Abu Dabbab verbringen, geht es jeden Tag zum Schwimmen und zum Laufen.
1. Tag: Zug nach Berlin
Am 14. Februar nehme ich schon morgens den Zug nach Berlin, wo wir am nächsten Tag abfliegen werden. Mittags habe ich einen kurzen Geschäftstermin und treffe mich danach mit meinem Kumpel Marcel, den ich noch aus Bundeswehrzeiten kenne. Wir laufen lockere 20 Kilometer auf der Bahn beim Mauerpark und quatschen über Gott und die Welt – super, dass es mal wieder geklappt hat! Danach noch Abendessen und dann ab ins Hotel.
2. Tag: Flug nach Marsa Alam
Zeitig raus, schnelles Frühstück und mit S-Bahn und Bus zum Flughafen Tegel. Hier treffe ich mich mit den anderen. Auf dem knapp 5-stündigen Flug kann ich gut am Notebook arbeiten, bevor wir dank kräftigem Rückenwind frühzeitig landen.
Der Flughafen gehört zwar offiziell zu Marsa Alam, aber die Stadt liegt ganze 70 Kilometer weiter südlich. Überhaupt gibt es hier praktisch keine richtigen Ortschaften, sondern nur Hotels entlang der Küste etwa alle fünf Kilometer.
Als erstes holen wir uns am Flughafen zwei Sim-Karten für Daten und Telefonie. Denn trotz „All Inclusive“ in unserem 5-Sterne-Resort kostet dort das WLAN gehörig extra und ist zudem nur in der Lobby verfügbar (mit schwachem Signal). Über den WLAN-Hotspot sind wir nun jederzeit online – in der Wüste, im Hotel und am Strand. Das ist später ganz gut, wenn ich allein außerhalb vom Hotel joggen bin.
Nach Bezahlung unseres Visums in bar an den Tourguide (was uns zunächst etwas verunsichert) geht es per Bus zum Malikia Resort. Der erste Eindruck beim Checkin ist etwas seltsam, da man sofort die Koffer „abgenommen“ bekommt, die dann direkt ans Zimmer gebracht werden. Hintergrund hierfür ist, wie wir später mehrfach erleben, eine gewisse „Trinkgelderwartung“.
Als es schon langsam dunkel wird unternehmen wir noch einen kurzen Strandspaziergang und machen erste Bekanntschaft mit den übereifrigen Verkäufern. Dann geht es zum Abendessen, wo wir uns nach der langen Reise (endlich) am Buffet satt essen.
Überhaupt ist der Tagesrhythmus in den folgenden Tagen vom Essen bestimmt: All You Can Eat zum Frühstück, Mittag und Abendessen. Mein Gewicht vor dem Urlaub war ziemlich genau 72 Kilo – mal schauen, wie es danach sein wird.
3. Tag: Sonne tanken
In der Nacht wache ich ein paarmal auf, da eine fiese Mücke durchs Zimmer kreist und mich „natürlich“ auch mehrmals sticht. Zu diesem Zeitpunkt weiß ich noch nichts davon, dass sich dieses Spiel in jeder Nacht hier wiederholen wird – ein echter Minuspunkt in dieser Woche.
Morgens kurz nach 7 Uhr stehe ich am Strand und kann es kaum erwarten, auf der ersten Schwimmrunde die Unterwasserwelt zu erkunden. Die Luft ist kühl und es ist etwas windig, aber im Wasser kann man es bei etwa 21 Grad ganz gut für eine halbe Stunde aushalten – auch ohne (störenden) Neoprenanzug.
Die erste Schwimmeinheit ist ein Volltreffer. Auf der rund einen Kilometer langen Strecke entlang des Riffs vom Strand zum Steg ist eine fantastische Unterwasserwelt zu bestaunen! Beim Schwimmausstieg am Steg fühle ich mich aber etwas ausgekühlt, was durch den Wind noch verstärkt wird, also schnell zurück aufs Zimmer für eine heiße Dusche.
Über die Mittagszeit geht es für eine Weile an den Strand. Hier lade ich den „Akku“ für das Immunsystem in der Sonne auf – nach den dunklen, kühlen und nassen Wochen zu Hause genau das richtige. Allerdings bleibe ich etwas zu lange liegen und hole mir gleich einen leichten Sonnenbrand am Bauch. Einen Fehler, den ich erst im Januar auf El Hierro gemacht habe und über den ich mich deshalb gehörig ärgere…
Für den Nachmittag plane ich eine erste Laufrunde außerhalb der Hotelanlage. Am Ausgang möchte mich der Wachmann zunächst nicht rauslassen – erst gegen meine Unterschrift und den Hinweis, dass dies auf eigene Gefahr ist, lässt er mich raus. Ein mulmiges Gefühl, das ich so nicht erwartet hatte. Ich laufe zum Nachbarhotel, dann ein Stück durch die Wüste und bin nach etwa einer Stunde wieder zurück.
4. Tag: starker Wind
Heute ist deutlich stärkerer Wind, was sich auch am hohen Wellengang bemessen lässt. Die Runde ums Riff lasse ich deshalb ausfallen und mache lieber eine Barfuß-Laufeinheit am Strand. Später geht es dann doch zwei- oder dreimal kurz ins Meer, sodass insgesamt auch wieder eine ganz gute Strecke zusammenkommt. Am Nachmittag „rette“ ich den etwas verkorksten Tag dann mit einem moderaten Krafttraining und Stretching im Fitnessstudio.
5. Tag: Lauf durch die Wüste
Heute morgen geht es direkt zum Steg, um dort zu schwimmen. Leider ist das Riff hier zum Teil schon tot, was an den grauen statt der sonst farbenfrohen Flächen zu erkennen ist. Die Wassertemperatur steigt wohl im Sommer zu weit an, was zusammen mit der Umweltbelastung zum Beispiel durch klassische Sonnencremes zu einem schleichenden Absterben führt.
Später am Tag reche ich zu einer längeren Laufrunde nach Süden entlang der Wüstenstraße auf. Der Wachmann lässt mich heute (und in den folgenden Tagen) kommentarlos passieren. Auf den 30 Kilometern entdecke ich halbfertige Hotelanlagen, an denen scheinbar seit Jahren nicht mehr gebaut wird. Ich nehme an, dass dies an den Anschlägen auf Touristen vor rund zehn Jahren liegt, die zu einem ziemlichen Einbruch der Besucherzahlen führten. Allerdings scheint der Trend langsam zu drehen, da an anderen Orten wiederum neue Resorts hochgezogen werden. Langfristig sehe ich den Tourismus hier aber vor allem durch das zu erwartende Absterben großer Teile der Korallenriffs gefährdet.
Unterwegs ist meine Stimmung heute super. Das liegt auch daran, dass erstaunlich viele Autofahrer und die meisten Fußgänger, die ich treffe, freundlich grüßen! Das bestätigt wieder mal die Tatsache, dass die meisten Menschen – egal wo auf der Welt – freundlich und nett sind, egal wie sie aussehen oder was sie glauben, und dass Sport die Menschen durchaus verbindet.
Den restlichen Tag nutze ich für etwas Arbeit am Notebook bis in den späten Abend hinein.
6. Tag: Ruhetag
Einen ruhigen Tag sollte jede Trainingswoche haben. Nach dem Wüstenlauf gestern, bei dem mir an Ende auch etwas das Wasser ausging, steht heute lockeres Programm an. Zunächst wieder zeitig morgens die Frühschwimmrunde, dann Arbeit am Notebook für einige Stunden und am Nachmittag noch eine Barfuß-Laufrunde am Strand.
7. Tag: Zweite Wüstenrunde
Zunächst das schon fast obligatorische Frühschwimmen, bevor es zum Frühstück und dann kurz an den Strand geht. Anschließend breche ich zu einer weiteren Wüstenrunde auf – zunächst wieder nach Süden, dann zurück zum Hotel für ein paar Gläser Wasser und dann weiter in Richtung Norden, um auch diese Gegend zu erkunden. Insgesamt komme ich diesmal auf 32 Kilometer, die sich auch am Ende noch „rund“ anfühlen, und dank der Trinkpause ohne zu starken Durst am Ende.
8. Tag: Intervalle
Wahnsinn, wie die Zeit vergeht. Schon bricht der letzte volle Tag an. Frühschwimmen ums Riff, etwas Arbeit am Notebook und dann für eine Weile an den Strand, bevor die heutige Intervalleinheit ansteht. Auf der flachen Strecke direkt vor den Eingangstoren des Hotels laufe ich 5 x 1000 Meter mit zwei bis drei Minuten Erholungspause. Zwar findet diese Einheit am späten Nachmittag statt, sodass die Sonne nicht mehr allzu stark brennt, aber bei der hohen Intensität komme ich natürlich trotzdem ganz schön ins Schwitzen. Nach dem Training fühlen sich die Beine aber super an – und den kurzen Sprung ins Meer zur Abkühlung kann ich dann wirklich genießen.
9. Tag: Abreise
Das letzte Frühschwimmen absolviere ich heute am Riff auf der gegenüberliegenden Seite der Bucht. Von dort aus schwimme ich dann draußen im tiefen Wasser hinüber zum bekannten Riff, sodass wieder eine ordentliche Distanz zusammenkommt. Etwas ausgekühlt komme ich am Strand an und laufe zum Aufwärmen gleich noch eine reichliche halbe Stunde barfuß am Strand hin und her.
Nach dem Frühstück versuche ich zum Abschluss noch einen Handstand gegen eine von zwei schicken Palmen für ein schönes Erinnerungsfoto. Leider geht die Sache beim zweiten Versuch schief, da ich die Palme etwas verfehlte und beim Umfallen nach hinten an ihr entlang schramme. Das Ergebnis: Holzsplitter der Palme zerkratzen Knie und Hintern und bleiben zum Teil in der Haut stecken. Autsch! Ich gehe kurz ins Meer, um das Blut abzuwaschen und die Wunden zu „desinfizieren“ – eine Google-Suche zeigt später aber, dass das aufgrund der vielen Keime im Meerwasser überhaupt keine gute Idee ist… Zum Glück heilt in den kommenden Tagen alles gut aus – wobei Micha mir acht Tage später noch die letzten beiden Splitter „herausoperiert“…
Mittags nehmen wir den Bustransfer zurück zum Flughafen, der militärisch bewacht wird. Ein Soldat checkt kurz alle Insassen, während ein anderer den Unterboden mit einem Spiegel untersucht. Auch im Flughafen folgen zwei strenge (scheinbar etwas unkoordinierte) Sicherheitskontrollen – vergleichbar mit denen bei der Ausreise aus Israel.
Auf dem Flug zurück nach Berlin kann ich wieder ganz gut am Notebook arbeiten. Manchmal ist diese Offline-Zeit sogar die produktivste. Nach der Landung fahren wir nach einem kurzen Burger-Imbiss alle zusammen in meinen Heimatort Auerswalde, wo wir erst spät in der Nacht ankommen. Morgen steht noch die Geburtstagsfeier meiner Großeltern an, bevor es mit dem Zug zurück nach Würzburg geht.
PS: Die eingangs erwähnten 72 Kilo konnte ich trotz des vielen Essens halten. Das lag wohl an den zwei Trainingseinheiten pro Tag, die den Stoffwechsel doch ganz gut auf Trab hielten.