Rundreise durch Südafrika
Unsere Reise führt uns von Cape Town entlang der Garden Route nach Port Elizabeth, wo ich bei der Ironman 70.3 WM starte. Dann geht es weiter über Hogsback (Amathole Mountains) und Underberg (Drakensberge) nach Sabie (nahe Blyde River Canyon). Unsere letzte Station ist die Hauptstadt Johannesburg.
1. Tag: Flug nach Cape Town
Heute geht es los, die Reise nach Südafrika steht an. Als ich vor zwei Jahren zum ersten Mal dort war, hatte ich mich geärgert, dass ich nur zum Ironman-Rennen in Port Elizabeth war und sonst nichts vom Land gesehen hatte. Das soll diesmal anders werden.
Ich nehme schon morgens den Zug nach Frankfurt, um mich mit einem Leser meines Newsletters und meinem guten Freund André Stagge zu treffen. Außerdem muss ich noch einen Artikel zu Ende schreiben. Am späten Nachmittag fahre ich dann zum Flughafen und treffe mich dort mit Michaela. Wir haben einen angenehmen Direktflug mit Lufthansa. Ich schaue mir die Doku über Florian Neuschwander und einen Film an, schreibe den Artikel zu Ende und versuche etwas zu schlafen, was allerdings nicht so gut klappt.
2. Tag: Mit dem Wetter anfreunden
Nach der Landung holen wir unseren Mietwagen ab. Schon jetzt spüren wir am kühlen Nieselwetter, dass hier noch Winter ist. Angepasst an den deutschen Rekord-Sommer sind wir das nicht gewöhnt und frieren ordentlich.
Unsere Unterkunft bei Carsten und Melissa liegt etwas nördlich der Stadt. Dort angekommen sind wir etwas müde, aber machen das Beste aus dem Tag. Im Einkaufszentrum hebe ich erstmal Bargeld ab, was scheinbar nur am Automaten der Standard Bank kostenlos ist. Nachmittags gehe ich eine Runde joggen und mache Bekanntschaft mit Kälte, Wind und Regen. Abends gibt es dann leckere Pizza, die Carsten zusammen mit seinem Kollegen Henning im hauseigenen Ofen bäckt.
3. Tag: Rundfahrt zum Kap
Nachts wache ich kurz auf, weil es draußen stürmt und regnet. Dieses Wetter ist natürlich gut für die von jahrelanger Dürre geplagte Region. Aber ich bin erstaunt, dass wir genau die „Regenzeit“ erwischt haben.
Nach dem Frühstück fahren wir Richtung Cape Town. Es sind gerade mal 10 Grad, aber wenigstens kommt die Sonne für kurze Zeit raus. Wir nutzen die Chance und gehen den Trail zum Lion’s Head hinauf, der einen guten Blick auf die Stadt bietet. Zwischendurch gibt es immer wieder neue Regenschauer, sodass wir anschließend nur noch zum Signal Hill fahren. Für den Tafelberg ist das Wetter zu schlecht, der Berg steckt in den Wolken.
Dann geht es weiter nach Süden über den Chapman’s Peak Drive bis zur Südspitze der Kap-Halbinsel, dem Cape Point und dem Kap der guten Hoffnung. Unterwegs sehen wir Strauße und später an den Touristen-Hotspots auch Baboons, die am Parkplatz auf den Autodächern herum springen und versuchen, Essen zu klauen.
Auf dem Rückweg fahren wir die Ostseite der Halbinsel hinauf und halten kurz vor Sonnenuntergang in Simonstown, wo wir jede Menge afrikanische Pinguine am Boulders Beach sehen.
4. Tag: Trail und Wolkenbruch
Erstmal schlafen wir heute aus. Dann steht der Botanische Garten Kirstenbosch auf dem Programm. Von dort aus starten wir einen steilen Trail entlang des Skeleton Gorge hinauf in die Berge, können aber wegen des schlechten Wetters unmöglich bis vor zum Tafelberg laufen. Bei schlechter Sicht durch Wolken und Nieselregen versuche ich, den Trail für den Rückweg zu finden, was sich als unerwartet schwierig herausstellt.
Als wir den Weg dann entdecken, ist dieser nach einer Weile plötzlich als Sackgasse gekennzeichnet!? Statt aber den gesamten Weg zurückzugehen, klettern wir entlang des kleinen Flusses auf abenteuerlicher Route (!) nach unten. In der Zwischenzeit wird das Wetter immer schlechter und unten angekommen regnet es in Strömen. Also gönnen wir uns Kaffee und Kuchen und freuen uns darüber, dass wir den halsbrecherischen Ausflug unbeschadet überstanden haben.
Abends treffen wir uns zum gemeinsamen Essen mit Carsten und Melissa in einem äthiopischen Restaurant. Auf dem Weg dorthin stehen wir mächtig im Stau. Erstmals wird uns bewusst, wie stark es in der Stadt nach Abgas stinkt. Das ist ein Problem, das sich in anderen Städten auf unserer Reise wiederholen wird.
5. Tag: Fahrt nach Klein Brak River
Für den frühen Morgen habe ich mir eine Joggingrunde vorgenommen. Allerdings löse ich beim Verlassen des Hauses aus Versehen die Alarmanlage aus, die daraufhin ordentlich Krach macht. Sorry fürs Aufwecken an alle 🙂
Nach dem Frühstück brechen wir zur Fahrt nach Osten auf, die uns entlang der Garden Route auf der Autobahn N2 führt. Während der Fahrt sehen wir Schneereste auf den höheren Bergen am Horizont. Diese Bergkette ist das Rim of Africa, das sich hunderte Kilometer durchs Land zieht. Beim kleinen Ort Swellendam, der nahe an die Berge heranreicht, machen wir einen kurzen Abstecher dahin zum Tradou-Pass, der eine recht beeindruckende Kulisse bietet.
Während der Fahrt fällt uns auf, dass überall „Restaurants“ von Kentucky Fried Chicken (KFC) finden sind. Die Südafrikaner essen viel Hühnchen, was wohl zur enormen Verbreitung dieser US-Fastfood-Kette beigetragen hat. Wir meiden diese Läden aber und versuchen, uns halbwegs gesund zu ernähren, was nicht immer gelingt. Heute gibt es zum Beispiel eine schnelle Pizza im Ort Klein Brak River, wo unsere Unterkunft liegt. Da es schon kurz nach 18 Uhr dunkel wird, haben wir abends oft Zeit zum Entspannen, für Arbeit am Notebook oder um einfach zeitig schlafen zu gehen.
6. Tag: Robberg Nature Reserve
Morgens drehe ich erstmal eine schöne 20 km Joggingrunde am Strand. Zusammen mit Micha sehe ich später noch einen großen Wal nicht weit von der Küste entfernt.
Wir fahren weiter nach Osten und halten für eine Kaffeepause auf Thesen Island im Ort Knysna. Hier liegt im Café die heutige Tageszeitung auf dem Tisch, in der meine Triathlon-Freunde von vor zwei Jahren, Pitt und Sabu, mit großem Foto drin sind. Die beiden haben sich auch für das Rennen am Wochenende qualifiziert und ich freue mich schon, sie wiederzusehen.
Nachmittags fahren wir bei sonnigem und zum Glück etwas wärmerem Wetter zur Robberg Nature Reserve. Ich hatte im Internet recherchiert, dass es sich hier um einen Geheimtipp handeln soll. Tatsächlich ist es aber noch besser als erwartet. Ein herrlicher Trail führt über die Halbinsel und bietet atemberaubende Eindrücke von der Landschaft. Wir sehen, hören und riechen eine riesige Robbenkolonie und laufen die imposante Sanddüne hinunter zu einem Strand, an dem die Wellen von beiden Seiten kommen. Es ist der beeindruckendste Ort unserer bisherigen Reise.
Zum Sonnenuntergang geht die Fahrt weiter bis nach Stormsriver, wo unsere heutige Unterkunft liegt. Kurz vor Ankunft passieren wir (leider im Dunklen) die Bloukrans Bridge, die die Grenze zwischen Western und Eastern Cape darstellt.
7. Tag: Welcome Buffet
Beim Frühstück treffen wir Alejandro und seinen Kumpel aus Spanien. Die beiden starten auch beim Rennen in Port Elizabeth und werden uns noch einige Male über den Weg laufen. So langsam kommt also etwas Triathlon-Stimmung auf.
Am Vormittag drehen wir zwei kleinere Trail-Runden durch den Wald und bis runter zum Stormsriver. Besser wäre eigentlich der bekannte Otter Trail gewesen, aber für den haben wir leider nicht genug Zeit. Dann geht es weiter nach Osten mit kurzer Kaffeepause beim Oudebosch Farmstall, wo es auch ein paar Tiere zu sehen gibt.
Nachmittags kommen wir in Port Elizabeth an und checken als erstes in unsere Unterkunft ein. Es ist diesmal ein Hostel, das sehr nah am Start des Rennens beim King’s Beach liegt. Nur leider stinkt es in unserem Zimmer ordentlich, da gerade frisch gestrichen wurde. Wir hatten erst spät gebucht und Glück, überhaupt noch etwas zu finden, da in der ganzen Gegend praktisch nichts mehr frei war. Denn immerhin kommen rund 4500 Athleten zum Rennen, zum Teil samt Familie und Freunden.
Nach dem Checkin fahren wir schnell zum Boardwalk-Hotel, wo ich gerade noch rechtzeitig ankomme, um die Startunterlagen abzuholen. Gleich danach geht es weiter zum großen Welcome Buffet, wo ich Pitt und Sabu treffe.
8. Tag: Addo Elephant Park
Heute ist nochmal ein freier Tag, bevor morgen das Rennen der Frauen stattfindet. Morgens gehe ich auf eine kurze Joggingrunde, bevor wir zum Addo Elephant Park aufbrechen. Es ist die einzige Safari auf unserer Reise, da wir es zeitlich leider nicht bis in den Krüger Nationalpark schaffen werden.
Wir fahren ohne Guide mit unserem Auto durch den Park und haben Glück, relativ viele Tiere zu sehen: Allem voran Elefanten und Löwen, aber auch Schildkröten, Zebras, Springböcke, Warzenschweine und einige andere, deren Namen wir nicht kennen. Wobei wir die Löwen nur sehen, weil wir neben einem parkenden Ranger-Auto halten, aus dem die Leute recht offensichtlich mit ihren Ferngläsern in eine bestimmte Richtung schauen. Notiz an mich selbst: Nächstes Mal auch ein Fernglas mitnehmen…
Als wir zwischendurch eine kurze Pause einlegen, fällt Micha ein roter Fleck an ihrem Knöchel auf. Zunächst vermutet sie, dass dort eine Mücke gestochen hat. Im Nachhinein stellt es sich aber als Borreliose infolge eines Zeckenbisses vor knapp 2 Wochen heraus.
Abends sind wir zurück in Port Elizabeth und treffen uns zum Essen mit Pitt, Sabu, Umberto und ein paar anderen Startern. Vielen Dank an dieser Stelle nochmal an Pitt für die Einladung!
9. Tag: Bike Checkin
Morgens treffe ich in unserer Unterkunft Stan aus Großbritannien, der ebenfalls beim Rennen startet. Ich höre heraus, dass er sehr schnelle Zeiten hat und sogar mal über eine Profi-Karriere nachdachte. Wie erwartet ist das Level der Starter bei diesem Rennen also sehr hoch.
Am Vormittag gehen wir zusammen an die Laufstrecke, um beim Frauenrennen zuzuschauen. Ein klasse Erlebnis, hautnah die Siegerin Daniela Ryf und die drittplatzierte Deutsche Anne Haug (schnellste Laufzeit des Tages) zu sehen. Später baue ich endlich auch mein eigenes Rad zusammen, das wir seit der Landung in Cape Town in der Radkiste im Kofferraum mit umgeklappten Rücksitzen transportiert hatten. Ich bin etwas spät dran damit, aber zum Glück funktioniert alles.
Nach einer kurzen Testrunde checke ich das Rad und die Laufschuhe ein. Hier treffe ich auch Alejandro aus Spanien wieder. Abends hole ich mir noch eine riesige Pizza, um die Energiespeicher aufzufüllen.
10. Tag: Das große Rennen
Heute ist Ironman 70.3 WM der Männer. Diesmal nehme ich aus direkter Qualifikation über den 5. Platz meiner Altersklasse beim Ironman 70.3 in Pescara teil. Allerdings rechne ich nicht mit einem besonders schnellen Rennen, da ich aufgrund der vielen Ultraläufe für Schwimmen und Radfahren fast nichts trainiert habe. Andererseits ist das Starterfeld hier auf Weltklasse-Niveau, sodass es realistisch betrachtet wohl selbst bei perfekter Vorbereitung keine Chance auf eine Spitzenplatzierung gibt.
Das Wetter ist heute morgen kühl und regnerisch, nicht gerade optimal. Beim Schwimmen bin ich langsamer als erwartet, aber komme ansonsten ganz gut durch. Das einzige, was wirklich stört, ist der heftige Abgasgeruch der Motorboote. Da sollte sich der Veranstalter dringend mal eine Alternative überlegen! Beim Wechsel zum Radfahren gibt es „Neo Stripper“, die einem aus dem Anzug helfen: Man legt sich kurz hin und zwei Leute ziehen den Neo an den Beinen ab, einfach spitzenmäßig.
Dann geht es aufs Rad. Nach wenigen Kilometern bemerke ich ein komisches Gefühl am Kopf und stelle fest, dass ich unter dem Helm noch die Badekappe trage… Keine Ahnung, wie das passieren konnte, aber ich zerre sie mit einer Hand irgendwie heraus. Insgesamt fällt es mir schwer, einen soliden Rhythmus zu finden. Es fehlt einfach an Druck auf dem Pedal. Meine Durchschnittsgeschwindigkeit für 90 km liegt bei nur etwas über 35 km/h und ist damit sogar deutlich langsamer als vor 2 Jahren auf ähnlicher Strecke über 180 km. Hier rächt sich das fehlende Radtraining.
Doch auch die Bedingungen sind schwierig: Es nieselt, die Straße ist bucklig und manchmal ist es ziemlich knapp mit den entgegenkommenden Radfahrern, wenn auf beiden Seiten gerade überholt wird. Außerdem liegen Trinkflaschen und andere Sachen auf der Straße herum, die andere Teilnehmer verloren haben. Ich sehe auch einige Athleten mit Radpannen und bin froh, wenigstens ohne technische Defekte durchzukommen.
Dann endlich der Wechsel zu meiner Lieblingsdisziplin, dem Laufen. Hier finde ich wie immer schnell den Rhythmus und renne eine zügige, solide Pace. An beiden Enden des Rundkurses gibt es jeweils eine kleine Steigung, sodass auch ein paar Höhenmeter zusammenkommen. Zwar schaffe ich es vom Kopf her nicht, mich bis ans Äußerste zu quälen, aber mit einer Halbmarathon-Zeit knapp unter 1:25 Stunden bin ich ganz zufrieden.
Im Ziel angekommen begebe ich mich als erstes zur Massage und dann zur Zielverpflegung. Leider wird das Wetter immer schlechter, es ist kalt und regnet in Strömen. Ich sitze noch eine Weile mit Umberto am Tisch und quatsche mit ihm über das Rennen – wahrscheinlich zu lange, denn zwei Tage später werde ich erkältet sein. Da inzwischen eine lange Schlange am Bike Checkout ist, verschiebe ich die Radabholung auf später und laufe zurück zur Unterkunft. Anschließend geht es nochmal kurz zum Apartment von Umberto für einen Sprung in den heißen Jacuzzi, während das Wetter in einen heftigen Sturm mit Gewitter umschlägt.
Am frühen Abend hole ich als einer der letzten mein Rad ab und fahre mich Micha zum After Race Buffet. Pitt hat uns ein Ticket für den VIP-Bereich besorgt, von dem aus wir die Siegerehrungen und die Profis hautnah erleben können – vielen Dank! Leider ist es auch hier ziemlich kalt und die Füße sind nass von der Überschwemmung draußen, sodass ich trotz Jacke und Mütze friere.
11. Tag: Fahrt nach Hogsback
Nach einer nur halbwegs erholsamen Nacht wache ich schon früh auf. Sachen packen, Rad zurück in die Kiste und Checkout. Auch heute ist wieder Regenwetter, während wir nach Nordosten in Richtung Hogsback fahren. Erst am Nachmittag wird es schöner. Da Hogsback jedoch auf rund 1100 Metern Höhe liegt, ist es hier wieder recht kühl.
Nach dem Checkin in unser schönes kleines Rundhaus und der Bekanntschaft mit den hier lebenden, neugierigen Baboons gehe ich zusammen mit Micha locker joggen, um die Gegend zu erkunden. Nach dem Lauf friere ich wieder und bin froh, als es beim Abendessen im Restaurant direkt nebenan einen wärmenden Kamin gibt, vor dem wir uns eine Stunde lang aufheizen können. Inzwischen sind die Wolken fast komplett abgezogen, sodass wir in der Dunkelheit einen hervorragenden Blick auf den herrlichen Sternenhimmel haben. Einen noch beeindruckenderen Blick zu den Sternen habe ich bisher nur über den Wolken am Teide auf Teneriffa erlebt.
12. Tag: Große Trail-Wanderung
Heute morgen ist es wirklich kalt, gerade mal 3 Grad. Wir verspeisen zweimal Frühstück, zuerst unser Müsli und dann noch ein paar Sachen im Restaurant nebenan. Danach geht es bei inzwischen rund 15 Grad in die legendäre Wanne vorn an der Klippe mit Blick auf das bewaldete Tal und die drei Hogsback-Hügel. Diese wurden aufgrund ihrer Form nach der Rückenmähne des Warzenschweins benannt. Für einen kurzen Moment sehen wir unten im Tal sogar einen der seltenen, intensiv rot-grünen Cape Parrots fliegen, einfach fantastisch!
Am späten Vormittag brechen wir zu unserer Trail-Wanderung auf. Wir gehen den Weg nach unten bis zu den Madonna & Child Falls, wo wir auf eine Gruppe schwarzer Teenager treffen. Sie sind scheinbar überrascht, zwei Weiße zu sehen und fragen und gleich, ob sie ein Selfie mit uns schießen können 🙂
Dann gehen wir einen steilen und recht unwegsamen Dschungel-Trail hinauf. Hier sammeln wir einige Zecken ein, bemerken es aber zum Glück rechtzeitig und können sie von der Haut wegschnipsen, bevor sie zubeißen. Da ich für das Planen der Wanderrouten zuständig bin sowie dafür, dass wir wieder heil zurückkommen, nennt Micha mich inzwischen „Guide“.
Weiter oben entscheidet sich Micha für eine Pause am Aussichtspunkt, während ich das letzte Stück bis hoch auf den Hogsback-Hügel gehe (und mich dort in den Büschen beinahe verlaufe). Auf dem Rückweg gehen wir zur Sicherheit nur breitere Forstwege, um nicht Gefahr zu laufen, uns in der Dunkelheit zu verirren.
Kurz nach Sonnenuntergang kommen wir nach 21 km Wanderung müde und schlapp in der Unterkunft an. Zuerst denke ich, dass ich wegen des Wettkampfs vor zwei Tagen noch erschöpft bin, doch leider hat es eine andere Ursache.
13. Tag: Fahrt nach Underberg
Nachts wache ich mehrmals auf und spüre, dass ich krank werde. Scheinbar war das Immunsystem nach dem Rennen und das anschließende Frieren im nasskalten Wetter doch etwas zu viel. Auch Michas Zeckenbiss ist nun großflächig rot und geschwollen, sodass wir damit auf jeden Fall zum Arzt müssen.
Unsere eigentlich geplante Strecke nach Underberg stellt sich schnell als Buckelpiste heraus, auf der wir es wohl nie an einem Tag bis ans Ziel schaffen. Also drehen wir um und nehmen lieber den längeren Weg auf den großen Straßen. Unterwegs halten wir in King Williams Town, wo Micha wegen des Zeckenbisses zum Arzt geht und Antibiotika bekommt.
Auf dem weiteren Weg fahren wir durch viele kleine Städte, in denen teils chaotischer Trubel herrscht und alles unorganisiert und dreckig wirkt. Abseits der klassischen Touristenpfade sehen wir, wie das Leben der schwarzen Bevölkerung im Land wirklich aussieht. Wie damals auf Jamaika fühlen wir uns als Weiße beobachtet und werden bei kurzen Stopps auch schnell angesprochen, etwas zu kaufen. Auch scheint es immer noch klassische Betrugsmaschen zu geben, wie wir bei einem Zwischenhalt feststellen müssen: Zuerst sollen wir an der Raststätte ein Parkticket lösen, dann eine angebliche Maut vorab bezahlen. Wir gehen nicht darauf ein und fahren einfach weiter.
Es ist ein langer Tag im Auto. Nach rund 650 km kommen wir am Abend im Dunkeln in Underberg an. Hier erwartet uns zum Glück eine hervorragende Unterkunft, ein komplettes Haus mit schicker Einrichtung. Das einzige, was fehlt, ist eine richtige Heizung, sodass wir auch hier Jacke und Mütze anziehen müssen, um nicht zu frieren.
14. Tag: Drakensberg Gardens
Ich habe wegen der Erkältung ziemlich schlecht geschlafen, sodass keine großen Pläne anstehen. Und das, obwohl heute Micha’s Geburtstag ist!
Nach einem langen Frühstück versuchen wir, den Sani-Pass hinaufzufahren, da in den nächsten beiden Tagen das Wetter schlecht werden soll. Allerdings ist der Pass eine üble, steile Buckelpiste, die man nur mit einem ausreichend hohen Fahrzeug und mit Allradantrieb überwinden kann. Also drehen wir um und fahren in die andere Richtung zu den Drakensberg Gardens. Dort machen wir eine kurze, lockere Wanderung, aber kehren wegen zunehmender Wolken bald wieder um.
Zurück in der Unterkunft nehme ich erstmal ein heißes Bad, um mich richtig aufzuwärmen, und ruhe mich den Rest des Tages aus.
15. Tag: Lesotho Tour
Langsam fühle ich mich etwas besser. Für heute haben wir eine Tour zum Sani-Pass und bis ins Königreich Lesotho gebucht. Zusammen mit unserem Guide Matthew und zwei anderen Teilnehmern machen wir uns in einem alten Land Rover auf den Weg.
Leider macht das Auto schon nach kurzer Zeit schlapp, aber Matthew organisiert schnell einen Ersatzwagen. Dann geht es viele Kilometer steil und bucklig nach oben über den Grenzposten bis hinauf zum Pass, wo zum Glück gutes Wetter ist. Oben angekommen fahren wir ein Stück nach Lesotho hinein und halten an einem Berg, der auf stolzen 3250 Metern Höhe liegt. Oben weht ein mächtiger Wind, sodass wir kaum aus dem Auto aussteigen können. Kaum zu glauben, dass Hirten hier monatelang mit ihren Tieren leben.
Ich bekomme etwas Kopfschmerzen wegen der Höhe und bin froh, dass es nicht weiter hinauf geht. Wir fahren weiter zur Hütte einer einheimischen Frau, die Matthew regelmäßig mit seinen Touristen besucht und bekommen einen guten Eindruck von der harten Lebensrealität hier oben. Anschließend statten wir noch der höchsten Kneipe in Afrika einen Besuch ab. Von dort aus jogge ich ein kleines Stück den Sani-Pass hinunter, um die Kopfschmerzen loszuwerden, was aber leider nicht gelingt.
Dann sammeln mich die anderen wieder ein und wir fahren zurück ins Tal, wo dunkle Wolken zwischen den Bergen hängen. Da hatten wir Glück, dass oben so starker Wind ging, der zwar einerseits unangenehm war, aber uns klares Wetter bescherte.
Zurück in unserer Unterkunft beginne ich wieder, zu frieren. Also erneut ab in die heiße Wanne!
16. Tag: Endlich etwas Erholung
Heute schaffe ich es, mal richtig auszuschlafen, was wirklich gut tut. Wie schon an den beiden Tagen zuvor schreit draußen pünktlich um 8 Uhr der Esel des Nachbarn, worauf wir heute schon als Signal zum Aufstehen gewartet hatten. Es soll ein Tag der Erholung werden, sodass wir nur eine kurze, flache Runde durch die Steppenlandschaft bei Cobham gehen, über Himeville zurückfahren und uns dann ausruhen. Später laufe ich noch ein bisschen durch die Nachbarschaft, wo mich an jedem Grundstück ein anderer Köter anbellt, und kaufe ein paar leckere Kostproben in der nahegelegenen Käserei.
Am Nachmittag wird das Wetter richtig schlecht: Kälte, Wind und Regen. Deshalb das gleiche Programm wie die letzten Tage, heiße Wanne und ab ins Bett.
17. Tag: Fahrt nach Sabie
Heute müssen wir zeitig raus, da die längste Tagesetappe über rund 750 km bei hoffentlich asphaltierten und halbwegs intakten Straßen ansteht.
Zunächst aber erleben wir eine faustdicke Überraschung: Es liegt Schnee! Und das, obwohl Underberg nur auf rund 1200 Metern Höhe liegt. Der Blick hinauf in die Drakensberge zeigt weiße Gipfel wohin das Auge blickt. Fast wie in den Alpen, eine fantastische Kulisse. Allerdings ist es nun auch glatt auf den Straßen, sodass wir das erste Stück nur langsam fahren können.
Wie sich herausstellt, sind die großen Straßen nach Norden überraschend gut, sodass wir zügig vorankommen. Etwas zu zügig sogar, denn ich werde mit Tempo 100 in einer 80er Zone gelasert und von der Polizei rausgezogen. Doch ich habe Glück und der Sheriff belässt es bei einer Verwarnung.
Unterwegs testen wir zwangs Alternativen in der kleinen Stadt Ermelo die Burger bei McDonald’s (zu KFC wollten wir auf gar keinen Fall). Und dann kommen wir tatsächlich noch bei Tageslicht in Sabie an, perfekt! Wir checken in unser Guesthouse ein, gehen einkaufen und ruhen uns den Rest des Abends aus.
18. Tag: Panorama Route
Auch heute stehen wir zeitig auf, denn es steht eine große Runde mit vielen Zwischenstopps an: Die Panorama Route!
Als erstes halten wir zum Pancake-Frühstück (das 2. Frühstück des Tages) in Graskop. Dann geht es zum God’s Window, wo wir die bewaldete Steilwand hinunterblicken und eine kurze Wanderung machen. Dann fahren wir weiter zu Bourke’s Luck Potholes, einem beeindruckenden Ort mit leider zu vielen Touristen. Dort gehen wir eine Runde abseits der Hauptwege und finden einen schönen, einsamen Platz an einem Wasserfall für ein kleines Picknick.
Den besten (und ausnahmsweise kostenlosen) Blick auf den Blyde River Canyon haben wir dann am Lowveld View Aussichtspunkt. Kurz darauf folgt der offizielle Three Rondavels Viewpoint. Was uns heute besonders auffällt, sind die vielen Einheimischen, die an jedem erdenklichen Parkplatz (im Wesentlich die gleichen) Souvenirs verkaufen.
Auf der Rückfahrt nehmen wir die Straße im Westen und dann den Robbers Pass nach Graskop. Zurück in Sabie kehren wir noch in ein schickes Restaurant ein, wo ich ein Kudu-Filet (afrikanische Antilope) probiere.
19. Tag: Wieder gesund
Wir schlafen aus und raffen uns erst am Vormittag zu einer kleinen Tour auf. Wir fahren den Longtom-Pass hoch und wandern oben bis zur Bergspitze auf 2200 Meter.
Auf dem Weg nach unten jogge ich ein paar Schritte, wobei mir das Handy aus der Hosentasche springt und mein Display zersplittert. So ein Mist! Unsere Fahrt geht weiter nach Lydenburg, wo ich mir kurzerhand einen provisorischen Displayschutz kaufe, damit es zumindest nicht noch mehr kaputt geht. Zum Mittag holen wir uns zwei Pizzen bei Roman’s (man konnte hier tatsächlich nur zwei auf einmal bestellen, aber zu einem echt guten Preis). Dann fahren wir mangels weiterer Ausflugsideen zurück nach Sabie und kehren dort ins Pancake-Restaurant ein (super lecker mit Eis und Nutella).
Nach all dem Essen heute entscheide ich mich, zum ersten Mal seit einer Woche wieder joggen zu gehen. Die Erkältung ist im Wesentlichen überstanden, sodass sich die Bewegung ganz angenehm anfühlt. Ich laufe bis zu den Lone Creek Falls und komme kurz nach Sonnenuntergang zurück, insgesamt 15 km. Das Training kann also langsam wieder beginnen.
Abends steht noch etwas Arbeit am Notebook an. Insgesamt hält sich die Zeit am Computer auf unserer Reise aber diesmal in Grenzen.
20. Tag: Apartheid Museum
Heute geht es schon zu unserer letzten Station der Reise, nach Johannesburg. Unterwegs probiere ich an einer Raststätte das überall angebotene Biltong, wobei es sich um getrocknete, aromatisierte Fleischstücken handelt. Was auf den ersten Blick etwas eklig klingt und auch so aussieht, schmeckt dann doch ganz akzeptabel. Micha winkt dankend ab, sodass ich die ganze Tüte allein verspeise.
Am frühen Nachmittag kommen wir in Johannesburg an und fahren direkt zum Apartheid Museum, einem Must-See auf unserer Reise. Nach rund vier Stunden südafrikanischem Geschichtsunterricht beim Gang durch die Räume fahren wir zum Hotel im Osten der Stadt. Diesmal haben wir ein riesiges Zimmer mit zwei großen Doppelbetten, also viel zu viel Platz.
21. Tag: Interviewtermin
Als erstes geht es auf eine Joggingrunde. Ich peile den nahegelegenen Hügel als guten Aussichtspunkt an, aber verirre mich bei der Suche nach einem zweiten Ausgang zwischen all den Elektrozäunen und dem Stacheldraht. Bei der Suche nach dem „richtigen“ Weg zwischen den Büschen erschrecke ich zwei Obdachlose (wobei ich mir nicht ganz sicher bin, wer von uns mehr erschrocken ist). Am Ende muss ich den gleichen Rückweg nehmen wie beim Hineinlaufen, da dies scheinbar der einzig passierbare Zugang ist. Hier wird mir bewusst, dass es keine Selbstverständlichkeit ist, sich wie zu Hause praktisch überall frei bewegen zu können.
Zusammen mit Micha geht es zum Frühstücksbuffet, bei dem ich mich für den ganzen Tag satt esse. Anschließend fahren wir zum Design Quarter im Stadtteil Fourways, wo ich meinen Interview-Termin mit einem hier ansässigen, professionellen Aktieninvestor habe. Nach zwei Stunden ist die Arbeit getan und wir machen uns auf zum Johannesburg Botanical Garden. Der Eintritt ist zwar kostenlos, aber es ist kein wirkliches Highlight. Zufällig sehen wir dort, wie „kontrolliert“ ein großer Teil der Wiese abgefackelt wird. Die Höhe der Flammen und die Menge des Rauchs sind erstaunlich, aber scheinbar hat man alles im Griff.
Wir machen einen weiteren kleinen Rundgang im Stadtzentrum und hinauf zum Constitution Hill, wo wir aber zu spät dran sind, um noch hineingehen zu können. Unten im Szeneviertel kehren wir stattdessen im schick eingerichteten Restaurant Pata Pata ein. Eigentlich war geplant, in den Living Room zu gehen, wo es gute Aussicht aufs Stadtzentrum gibt, aber dort war heute wegen eines privaten Events geschlossen.
22. Tag: Laufrunde im Abgas
Heute morgen drehe ich eine größere Runde zur Innenstadt und zurück. Zwar bin ich der einzige Weiße, der weit und breit auf den Straßen zu sehen ist und werde etwas ungläubig angeschaut, aber ich fühle mich auch im Tumult der Großstadt zu keinem Zeitpunkt unsicher. Allerdings wird mir bewusst, dass (halbwegs) saubere Atemluft, wie wir sie zu Hause haben, keine Selbstverständlichkeit ist. Als ich zurück im Hotel am T-Shirt rieche, stelle ich fest, dass es den Abgasgeruch förmlich aufgesogen hat. Das ist einfach zu schlimm und hat sicherlich für viele Leute hier auf Dauer gesundheitliche Konsequenzen.
Nach dem erneut maximal umfangreichen Frühstück packen wir alles zusammen und checken aus. Anschließend geht es noch für drei Stunden ins direkt gegenüber gelegene East Gate Einkaufszentrum für etwas Shopping. Am Nachmittag fahren wir dann zum Flughafen und geben das Auto ab, was uns zuverlässig durchs ganze Land gebracht hat. Beim Security Check wird Micha der Wanderstock aus Hogsback abgenommen, den sie als Handgepäck mitnehmen wollte. Angeblich ist das eine „Waffe“. Zum Glück kann sie nochmal kurz zurück zur bereits eingecheckten Radkiste, wo der Stock gerade noch reinpasst.
Am Gate haben wir noch viel Zeit, die ich nutze, den ersten Teil des Interviews von gestern aufzuschreiben. Und Postkarten an die Großeltern müssen auch noch gemacht werden. Dann geht es ab in den Flieger, wo ich erst einen Film schaue und dann das Interview fertig schreibe.
23. Tag Ankunft in Würzburg
Wie immer konnte ich im Flugzeug kaum schlafen. Wir landen planmäßig halb sechs morgens in Frankfurt. Auch die Radkiste inklusive Micha’s Wanderstock aus Hogsback kommen unversehrt an. Dann geht es mit dem Zug nach Würzburg. Es ist Samstag, sodass uns das ganze Wochenende bleibt, um wieder in den Alltag zu finden.
Die Lebensrealität in Südafrika
Insgesamt sind wir inklusive aller Tagestouren und Umwege rund 4000 km durchs Land gefahren. Dabei haben wir viel schöne Natur gesehen und freundliche Menschen getroffen, aber natürlich auch einige gravierende Probleme beobachtet.
Die Trennung nach schwarzen und weißen Menschen ist auch mehr als 25 Jahre nach Ende der Apartheid in den allermeisten Regionen nach wie vor Realität – sowohl physisch als auch in den Köpfen der Leute. Außerdem herrscht eine erhebliche Einkommensungleichheit zwischen arm und reich, was sich in einer hohen Jugendarbeitslosigkeit und Kriminalität zeigt. In den besseren Vierteln sind eingezäunte, mit Stacheldraht und Elektrozaun gesicherte Häuser der Standard. Einige wohlhabende Siedlungen sind gleich komplett abgeriegelt und können nur durch eine permanent durch Sicherheitskräfte besetzte Zufahrt erreicht werden. Auf der anderen Seite lebt ein Großteil der schwarzen Bevölkerung in abgelegenen Townships unter Dritte-Welt-Bedingungen.
Außerdem gibt es ein ziemliches Müll- und Verschmutzungsproblem. Nicht überall scheint es eine Müllabfuhr zu geben, sodass die Leute den Müll einfach von Zeit zu Zeit in Erdlöchern abfackeln oder irgendwo in der Natur deponieren. Gerade rund um die Townships haben wir einige Wiesen gesehen, auf denen mehr Plastikmüll als Gras zu sehen war. Hinzu kommt noch das Problem mit den dreckigen Abgasen vor allem in den Städten.
Es bleibt nur zu hoffen, dass Südafrika diese Probleme eines Tages überwinden kann, wie es sicher einst auch die Vision von Nelson Mandela war.
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