Highlights meiner Radreise in Neuseeland
Am 19. Januar ging es los. Ich hatte den Flug ab Zürich über Hongkong nach Auckland bei Cathay Pacific gebucht. Eine gute Airline, nur ein Zwischenstopp, und günstiger als ab Frankfurt.
Radkiste gepackt und ab damit in den Zug. Habe mich sehr gefreut, dass es bei dieser Gelegenheit in Zürich mit einem Trader-Interview mit Markus Strauch geklappt hat. Auch den Zürich-See konnte ich auf einer kleinen Jogging-Runde mal erkunden.
Auf den 2 Flügen habe ich die Zeit für Arbeit am Notebook genutzt und 3 Filme geschaut. Nur mit Schlafen hat es nicht gut geklappt, hab lediglich 1-2 Stunden gedöst. Bei über 20 Stunden reiner Flugzeit war das leider nicht so schön.
In Hongkong war der Zwischenstopp rund 9 Stunden lang. So war genug Zeit, um mit dem Bus (viel günstiger als Zug) in die Stadt rauszufahren und mehrere Stunden durch das Stadtzentrum zu laufen. Es war spannend, die Stadt zu erkunden, aber alles etwas chaotisch dort.
Dann zurück zum Flughafen für den 2. Flug nach Auckland. Dort ziemlich müde raus aus dem Flughafen, und zum Glück schien die Sonne. Das hält wach. Rad zusammengebaut und kurz nach 10 Uhr gings direkt los mit der 1. Etappe.
Kurzer Hinweis zum weiteren Artikel: Ich habe dynamische Google-Karten eingebunden, die den genauen Verlauf jeder einzelnen Etappe zeigen. Es braucht eine gute Internetverbindung, damit die Karten und Fotos beim Lesen rechtzeitig geladen werden können. Auf manchen Smartphones klappen die Karten nicht so richtig, am besten geht es auf einem Desktop PC.
Tag 1: Fahrt nach Coromandel
Da ich schon vormittags losgefahren bin, konnte ich den ersten Tag gleich voll nutzen. Die Landschaft war bereits beim Rausfahren aus Auckland sensationell, vor allem wenn man vorher nur den deutschen Winter gesehen hat. Alles blüht und überall Vogelstimmen. Wahnsinn!
Schon nach kurzer Zeit musste ich aber feststellen, dass sich meine Arme rot färbten. Sonnenbrand, obwohl ich die bisher bewährte 20er Sonnencreme drauf hatte und es leicht bewölkt war.
Später erfuhr ich den Grund für die extrem aggressive Sonne in Neuseeland: Das Ozonloch über der Arktis weitet sich bis hierhin aus. Neuseeland ist daher in der Hautkrebs-Statistik leider ganz vorn dabei. Ich cremte mich nochmal dick ein und zog Armlinge an. Im Tagesverlauf kam dann die Sonne immer mehr raus.
Die Armlinge sind eigentlich als Kälteschutz gedacht. Notfalls helfen sie aber auch gegen die Sonne. Leider wird es darunter ziemlich heiß, wenn es gerade knapp 30 Grad hat. Die Dinger sind schwarz und heizen sich in der Sonne auf… Ich musste sie aber trotzdem die nächsten 2 Tage tragen, um die bereits angeschlagene Haut an den Armen vor noch mehr Sonneneinstrahlung zu schützen.
Wie du dir vorstellen kannst, hab ich also gut geschwitzt. Aber egal, die Landschaft entschädigt für alles!
Nachmittags hatte ich ein bisschen Sekundenschlaf und der Jetlag machte sich bemerkbar. Das hatte ich erwartet, denn die Zeitverschiebung zu Deutschland sind 12 Stunden – mehr geht nicht. Mit ein paar kurzen Zwischensprints konnte ich mich wachrütteln. Insgesamt hat der ganze Tag auf dem Rad durch die Bewegung und die Sonne super über das Jetlag hinweggeholfen.
Fix und fertig kam ich nach 185 km und 1345 Höhenmetern in Coromandel Town an. Es gab kurz vor dem Ziel noch ein paar unerwartete Hügel, die zudem auch noch ordentlich steil waren. Da musste ich mir in Coromandel erstmal dringend eine große Pizza holen.
Schlafen konnte ich nach dieser Tour problemlos. Sogar im Dorm Room mit 5 anderen und ohne Ohrenstöpsel. Das ist übrigens der günstigste Weg, zu übernachten: Mehrbettzimmer in Hostels, und zusätzlich eine BBH-Mitgliedschaft. Wenn man zu zweit reist, sind die Double Rooms perfekt.
Allerdings ist es nicht immer einfach, ein Zimmer zu bekommen. Auf der Nordinsel konnte ich meist einfach tagsüber von unterwegs anrufen und reservieren. Ein Dorm-Bett ist fast immer irgendwo frei.
Später auf der Südinsel wurde es schwieriger. Da waren manche Hostels auf Wochen komplett ausgebucht. Hier kann man aber pokern und hoffen, dass zumindest eine Person nicht anreist, die zuvor reserviert hatte.
Tag 2: Fahrt nach Tauranga
Eine lange Etappe stand an, also bin ich morgens schon gegen 8 Uhr los. Gleich nach den ersten 2 Kurven ging es eine ordentliche Rampe hoch, was durch eine super Aussicht belohnt wurde.
Ab Mittag fuhr ich entlang der sensationellen Küste (!) bei Whitianga, Pauanui und Whangamata. Diese Ecke wäre perfekt für einen Strandtag. Oder am besten gleich einen ganzen Urlaub.
Unterwegs sind die Schafe und Kühe am Straßenrand manchmal ganz schön erschrocken, als ich mit dem Rad vorbei bin. Das war an vielen weiteren Tagen auf der Tour ganz ähnlich. Vor Autos und Trucks dagegen haben sie keine Angst 🙂
Nachmittags hatte ich Schmerzen im unteren Rücken. Der Rucksack war einfach noch zu schwer (oder der Körper noch nicht stark genug). Ich habe mich am Ende ziemlich gequält, um es bis Tauranga zu schaffen.
Nach 210 km mit 2420 HM war ich mehr als froh, angekommen zu sein. Noch schnell zum Supermarkt, um Essen zu besorgen. Dann Kochen in der Hostel-Küche und ab ins Bett.
Diesen Rhythmus habe ich an den meisten Tagen meiner Tour beibehalten. In fast allen Orten gibt es Supermärkte (Countdown, New World, Pack’n Save, Four Square). Dort kann man sich gut für Abendessen, Frühstück und Verpflegung für den nächsten Tag eindecken. Countdown und New World bieten sogar kostenlose Member Cards an, mit denen man die Sonderangebote nutzen kann.
Beim Kochen im Hostel kommt man zudem gut mit ein paar Leuten ins Gespräch. Wie sich herausstellte, kommen die meisten aus Deutschland und machen Work & Travel für 6 Monate oder ein Jahr. New Germany statt New Zealand also. Aber auch die reinen Touristen waren meist für längere Zeit dort. Da kamen mir meine 5 Wochen schon ziemlich kurz vor.
Tag 3: Fahrt nach Rotorua
Trotz der Strapazen am Vortag war ich zeitig wach. Vielleicht noch etwas Rest-Jetlag. Nach dem Frühstück und etwas Arbeit am Notebook fuhr ich los, musste aber eine Kopfschmerztablette nehmen. Es dauerte auch nicht lang, bis sich der Rücken wieder meldete…
Am nahegelegenen Mount Maunganui legte ich einen kurzen Stopp sein. Allerdings kann man nur zu Fuß hoch, was nicht so ganz in den Zeitplan passte.
Unterwegs fiel mir auf, dass der Asphalt an einigen Stellen aufgeweicht war. Das sollte sich später noch an vielen anderen Stellen in Neuseeland zeigen. Das Problem dabei: kleine Steinchen kleben am Reifen fest und blockieren ab und zu das Rad, wenn sie sich in der Bremse verhaken. Echt nervig, man muss dann immer anhalten und es rausstochern.
Zu allem Übel begann an diesem Tag auch der Sehnenansatz innen am rechten Knie zu schmerzen. Aber ich war optimistisch, dass sich das alles wieder legen würde.
Geplant war, in Matamata beim Herr der Ringe Movie Set vorbeizuschauen. Ich musste dort aber enttäuscht feststellen, dass man nur für 79 Dollar bei Buchung einer 2-stündigen Touristen-Bustour dort hinein darf. Fuhgeddaboudit. Also schnell ein Foto gemacht und weiter gings.
Kurz darauf wurde ich zum ersten Mal auf dieser Tour von einem Hund attackiert. Er wollte wohl die Straße vor seinem Grundstück verteidigen. Nix passiert, aber wieder mal eine Schrecksekunde wie letztes Jahr in den USA.
Trotz der zunehmenden Rückenschmerzen schaffte ich es bis Rotorua. 170 km, 1605 HM. Dort kaufte ich mir auch endlich eine vernünftige Sonnencreme: Banana Boat 50+. Damit sollte in Sachen Sonne nichts mehr schiefgehen. Übernachtet habe ich im Funky Green Voyager Hostel.
Tag 4: Fahrt nach Opotiki
Morgens blieb ich etwas länger im Hostel, um mal alle Sachen gründlich zu waschen. Wie sich herausstellte, war die Hostel-Besitzerin eine Deutsche, die einen Neuseeländer geheiratet hat und ausgewandert ist. Sie hat viel erzählt und meinte, dass hier alles viel einfacher und entspannter ist als damals in Deutschland. Vor allem auch mit Kindern im Schulalter, wo es kein Problem ist, die Kinder auch mal eine Weile aus der Schule zu nehmen und eine größere Reise zu unternehmen.
Vormittags fuhr ich in die Stadt, um dort ein Paket mit überflüssigen Sachen nach Wanaka – meinem Zielort – zu versenden. Es war einfach unmöglich, mit vollem Gepäck weiterzufahren, also habe ich radikal aussortiert und nur das Allernötigste im Rucksack behalten. Stolze 2 Kilo Gewichtsersparnis!
Unterwegs sah ich in Rotoma zum ersten Mal schwarze Schwäne. In den kommenden Tagen war das dann schon fast an der Tagesordnung. Das Wetter war bewölkt, eine willkommene Abwechslung zur Hitze der ersten Tage.
Das Knie schmerzte weiterhin und es wurde eher schlimmer als besser. Zur Entlastung fuhr ich nur noch im Sitzen, was dazu führte, dass auch der Hintern zunehmend schmerzte. Ein Teufelskreis. Es waren nur 130 km und 650 HM, aber ich musste wohl oder übel einen Ruhetag einkalkulieren, um die Tour am Ende nicht noch ganz abbrechen zu müssen.
Abends hat es dann zum ersten Mal kurzzeitig leicht geregnet. Übernachtet habe ich im Beach House, einem idyllischen Hostel direkt am Meer. Der Besitzer Steve meinte im Gespräch, dass Neuseeland entspannter ist, weil es einfach nicht so viele Menschen gibt und daher auch weniger Konkurrenzdenken. Guter Punkt.
Tag 5: Ruhetag in Opotiki
Ich saß lange am Notebook und habe gearbeitet. Später habe ich mich eine ganze Weile mit den anderen Hostelgästen unterhalten. Nachmittags war Joggen angesagt, eine Runde am Strand und auf der Straße nebenan.
Das Knie spielte beim Joggen erstaunlicherweise gut mit. Vielleicht war es also nur etwas überlastet vom vielen monotonen Treten auf dem Rad. Ich konnte daher eine schöne 21 km lange Runde laufen. Am Ende bin ich dann noch kurz ins Meer gesprungen, zum ersten Mal auf der Tour.
Tag 6: Fahrt nach Gisborne
Anfangs ging alles gut. Ein Straßenschild prophezeite mir den bevorstehenden Straßenverlauf über die nächsten 50 (!) km. Klingt ganz nach Hügeln.
Dann meldete sich aber das Knie erneut, und zwar ziemlich schlimm. Ich konnte selbst in den leichtesten Gängen kaum noch treten. Zudem kippte das Wetter in den Hügeln, als ich auf rund 800 Meter Höhe war, sodass ich zum ersten Mal ordentlich eingeweicht wurde.
Das war ein richtiger körperlicher und mentaler Tiefpunkt. Ich machte im strömenden Regen eine Zwangspause und fragte mich, ob das nun schon das Ende der Tour sein würde. Ein paar Kilometer weiter machte ich dann Mittagspause in Matawai, einem kleinen Ort oben am Berg.
Zum Glück ging es dann erstmal fast nur abwärts. Es lief nun wieder etwas besser, da ich das Rad weitgehend rollen lassen konnte. Links und rechts der Straße unzählige Schafe und Kühe in den Bergwiesen, die mich ungläubig anstarrten (oder eben erschrocken wegrannten).
Durch das lockere Treten wurde das Knie nachmittags tatsächlich wieder besser. Ich fuhr jetzt sehr konservativ – nur im Sitzen, nur leichte Gänge und nicht mehr freihändig, um den Winkel im Knie beim Treten günstig zu halten. Das ging zwar zu Lasten des Hinterns, aber das war das kleinere Übel.
Nach 150 km und 1110 HM kam ich in Gisborne an. Leider ein eher nicht so schöner Ort. Ich checkte im YHA Hostel ein und stellte fest, dass der Hostelbesitzer Markus auch Rennradfahrer ist. Prompt gab er mir einen mächtigen Discount für die Übernachtung, 15 statt 28 Dollar. Abends unterhielt ich mich noch mit 2 Ultraläufern aus Kanada und einem Vietnamesen, der mit einem Klapprad (!) unterwegs war.
Tag 7: Ruhetag in Gisborne
Schon beim Aufwachen hörte ich die schlechten Nachrichten: Es regnete in Strömen. Unmöglich, mit dem Rad loszufahren. Also erneut ein Zwangs-Ruhetag. So konnte ich wieder einiges am Notebook arbeiten und dem Knie (und dem Hintern) eine Pause gönnen. Die Kanadier erzählten, dass sie die Hobbiton-Tour am Herr der Ringe Movie Set gemacht haben. Und, dass es sich nicht gelohnt hat. Touristen-Standardprogramm halt.
Nachmittags ging ich auf eine Joggingrunde über 21 km. Hier wurde ich vom Regen ordentlich durchgeweicht, was aber bei den milden Temperaturen sogar ganz angenehm war. Später erzählte der Vietnamese, dass er in der Stadt fast überfallen worden war, aber sich mit seinem Messer verteidigen konnte – das erste Mal, dass ich etwas über Gewalt mitbekommen habe. Gisborne scheint wohl nicht gerade die beste Ecke zu sein.
Abends dann noch ein längeres Gespräch mit einem deutschen Pärchen. Die beiden sind seit 2 Jahren in Australien und wollen nun nach Neuseeland übersiedeln. „Hat sich alles so ergeben“, meinten sie. Interessante Lebensgeschichten, die man hier hört.
Tag 8: Fahrt nach Napier
Morgens nach dem Losfahren die 2. Hundeattacke auf meiner Tour. Wieder einen schönen Schreck bekommen, aber den Köter locker abgehängt. Gisborne wurde mir jetzt nochmal unsympathischer.
Dann ging es raus in die Natur. Auf den Wiesen waren jetzt immer wieder viele bunte Bienenstöcke zu sehen. Die Menschen sind in Neuseeland ganz schön in den Unterzahl, bei der Masse an Insekten, Vögeln, Schafen und Kühen.
In meinen Pausen hatte ich inzwischen ein Standard-Programm: Pulsuhr mit Akkupack laden, essen, eincremen, Radbrille putzen und etwas dehnen. Und die kurze Zeit ohne Rucksack genießen 🙂
Gegen Mittag dann mein erster Platten: Beim Anhalten für ein Foto war ich am Straßenrand über eine zerbrochene Flasche gefahren. Da die Scherbe senkrecht hochstand, hatte auch der Mantel einen ordentlichen Cut. Nach dem Schlauchwechsel fuhr ich mit einer Wulst an dieser Stelle (zum Glück etwas seitlich von der Lauffläche) weiter, was nicht ganz ungefährlich war. Mangels eines Ersatzmantels hatte ich aber keine andere Wahl.
Zum Glück hielt das Ganze für die restlichen knapp 100 km bis Napier. Lesson Learned: Immer Ersatzmantel mitnehmen! Napier machte einen guten Eindruck, schicke Innenstadt. Und grauer bis schwarzer Sand am Strand. Es war eine lange Etappe bis hierhin, 220 km mit 2215 HM.
Tag 9: Fahrt nach Turangi
Das Hostel in Napier hatte Frühstück inklusive. Also hab ich erstmal ordentlich gefuttert. Dann einen neuen Mantel besorgt und weiter gings.
Allerdings gab es auch bald ein Problem: Mir ging das Wasser aus. Es war ein heißer Tag, es ging bergauf und es war Sonntag – alle kleinen Läden an der Straße nach Taupo hatten zu. Zum Glück halfen mir 2 Briten, die mit ihrem Auto einen kurzen Stopp machten, aus der Patsche.
Später hatte ich Glück beim Timing und konnte zwischen 2 Gewittern in der Mitte durchfahren. Fast, ohne überhaupt nass zu werden. Dafür gab es dann allerdings ordentlichen Gegenwind.
Später wurde nochmal das Wasser knapp. Aber da habe ich einfach auch dem See getrunken (Lake Taupo).
Wegen des Gegenwinds kam ich erst gegen 20 Uhr im Turangi an. Da hatten die Läden schon zu. Nur ein Fast-Food Imbiss war noch offen, wo ich mir einen Burger bestellte. Es ging dann mal etwas hungrig ins Bett nach 190 km und 2060 HM.
Tag 10: Fahrt nach Wanganui
Vom Tagesablauf her hatte ich inzwischen echte Routine. Auch Arme und Beine zeigten schon deutliche Bräunungsstreifen, am besten an den Rändern der Radklamotten zu erkennen. Allerdings bekam auch mein Rucksack langsam eine unangenehme Duftnote. Doch die Landschaft entschädigte immer wieder für die kleinen Unannehmlichkeiten und Schmerzen, die hin und wieder auftraten.
Ich war froh, dass sich das Knie so gut erholt hatte. Auch der Rücken kam mit dem leichteren Rucksack ganz gut klar. Wenn es beim Fahren mal langweilig oder anstrengend wurde, sang ich ein paar Lieder (und erschreckte damit die Schafe und Kühe am Straßenrand).
Nach Turangi ging es zunächst nochmal bergan. Auf über 1000 Meter Höhe fuhr ich an den Vulkanen vorbei, die leider in Wolken gehüllt waren. Und ein alter Bekannter war zurück, der Gegenwind.
Nach einer Pause im schönen Ort Ohakune ging es über welliges Profil weiter. Das kostete ganz schön Kraft. Ich musste sogar mein erstes Not-Gel vertilgen und kurz darauf im nächstmöglichen Laden eine rettende Cola kaufen.
Am Ende war ich ziemlich platt. Insgesamt 190 km mit 1805 HM. Die Übernachtung war im College House, der Besitzer Matt ist ausgewanderter Deutscher.
Tag 11: Fahrt nach Wellington
Die letzte Etappe auf der Nordinsel. Als erstes bin ich dem Tipp des Hostelbesitzers gefolgt und zum Aussichtsturm gefahren (Durie Hill Lookout). Dann eine schöne kleine Straße aus Whanganui rausgefahren und erstmal ein paar Lieder gesungen. Super Start in den Tag.
Kurz darauf ging es auf die Schnellstraße, wo es auch gleich eine Schrecksekunde gab. Ein Truck überholte mich mit gefühlten 10 Zentimeter Seitenabstand und 100 km/h. Vor allem die Windkante, die Trucks beim Vorbeirauschen verursachen, ist tricky. Da muss man den Lenker schon gut festhalten. Bisher waren die Trucks immer recht rücksichtsvoll.
Der anfängliche Rückenwind schlug leider nach Sanson in Gegenwind um. Und das sollte fast bis Wellington anhalten. Die Strecke war dann nicht mehr so schön, da es nur auf großen Schnellstraßen entlang ging und der Seitenstreifen manchmal extrem rau und dreckig war.
Dafür gab es an der Straße lustige Werbeschilder. Zum Beispiel „Horse Poo 1 Dollar per Bag“. Oder ein Angebot, sein Auto mit Schafswoll-Bezügen auskleiden zu lassen.
Kurz vor Wellington fuhr ich durch Porirua. Ein schöner, größerer Vorort der Hauptstadt. Dort waren gerade einige Leute im Meer baden – und sind mit ihren Autos direkt bis ans Wasser gefahren. Der Sand scheint solide zu sein.
Am frühen Abend kam ich nach 205 km und 885 HM in Wellington an. Es war ein Kampf gegen den Wind und den Verkehr. In Wellington selbst wurde es nochmal deutlich windiger – die Stadt gilt aufgrund ihrer Lage in der Bucht generell als sehr windig. Die Bucht führt auch dazu, dass die Meeresströmung sehr stark ist.
Übernachtet habe ich in der Lodge in the City. Ein sehr günstiges Hostel in der Stadt, allerdings unter aller Sau. Die meisten anderen Hostels bisher waren dagegen in Ordnung, manche echt prima.
Tag 12: Fahrt nach Nelson
Zeitig raus und ab zur Interislander-Fähre etwas nördlich vom Stadtzentrum. Die Überfahrt nach Picton dauerte rund 3,5 Stunden. Die direkte Entfernung zur Südinsel ist sich gar nicht so groß, aber man muss erst aus der Wellington-Bucht raus und in die tiefe Picton-Bucht rein.
Von Picton aus fuhr ich die kleine Verbindungsstraße nach Havelock. Ein echter Geheimtipp, Wahnsinns-Landschaft! Handy-Empfang kann man aber vergessen, wie an einigen anderen Stellen auf der Südinsel auch.
Zudem war es schwierig, ein Hostel für abends zu finden. Einige Telefonate blieben ohne Ergebnis, also erstmal weitergefahren. Wegen der vielen Touristen waren viele Hostels ausgebucht. Dieses Problem sollte mich auf der Südinsel weiter begleiten.
Kurz vor Nelson war ich mal wieder müde und platt. Selten zuvor war ich so froh, eine NPD (!) Tankstelle zu sehen, um eine rettende Cola zu kaufen. Handy-Empfang war auch wieder da, und ich konnte mir endlich ein Dorm-Bett sichern.
Nach 115 km und 1065 HM kam ich in Nelson an. Im Hostel (Tasman Bay Backpackers) gab es abends sogar eine Ladung Pudding und Eis kostenlos. Eines der besten Hostels bisher.
Tag 13: Fahrt nach Murchison
An diesem Tag hatte ich morgens mein erstes Trader-Interview. Dafür fuhr ich nach Richmond und besuchte dort den bekannten Systemhändler Tim Rea, der 2012 den Robbins World Cup im Trading gewonnen hat. Sehr spannend! Die Einfahrt zu seinem Haus war der erste Anstieg in Neuseeland, an dem ich schieben musste. Unmöglich, da hoch zu fahren.
Danach ging es mit ordentlich Rückenwind weiter. Auf dem Weg traf ich auch ein paar andere Radfahrer, die bisher eher rar gesät waren. Auf der Südinsel sind insgesamt deutlich mehr Leute mit Rad und Gepäck unterwegs als auf der Nordinsel. Auch der Verkehr war deutlich weniger. Zum Teil kam auf den kleineren Straßen für mehrere Minuten kein Auto.
Nach dem ersten großen Anstieg konnte ich erstmals einen hohen Berg mit Schnee sehen. Allerdings so weit entfernt am Horizont, dass es auf dem Foto nicht zu erkennen ist. Dennoch, die Vorfreude auf die Berge war da. Die Tour lief jetzt wie geschmiert, das Wetter und die Landschaft waren super, und das Beste stand ja erst noch bevor!
Ich kam schon am späten Nachmittag nach 130 km und 1115 HM im Hostel an. Genug Zeit also, um mit ein paar anderen spontan noch im Fluss baden zu gehen. Zudem gab es im Hostel ein Bier umsonst für Radfahrer. Abends haben wir dann noch ein schönes Barbeque zusammen gemacht.
Tag 14: Fahrt nach Waipara
Wieder ein Tag mit überwiegend Rückenwind. Das war auch nötig, weil es ziemlich weit war. Lange ging es auf der relativ einsamen Straße 65 zur Springs Junction. Wenig Verkehr und super Landschaft, eine tolle Radstrecke.
Unterwegs gab es viele Schafe zu sehen (und zu hören). Einige davon waren nur halb geschoren und sahen ziemlich witzig aus. An einer Schafswiese habe ich beim Vorbeifahren eine wahre Massenpanik ausgelöst, als eins nach dem anderen im klassischen Herdentrieb flüchtete. Fast wie an der Börse.
Nach 235 km und 1800 HM kam ich in Waipara an. Dort übernachtete ich im umgebauten Eisenbahnwagon im Hostel „Waipara Sleepers“. Mal etwas anderes, coole Idee.
Tag 15: Fahrt nach Sumner
Nachts war ich barfuß in eine Scherbe getreten. Zum Glück ohne größere Folgen. Durch so ein Missgeschick kann man schnell die ganze Tour vermasseln. Also lieber auf Nummer sicher gehen und Schuhe anziehen, egal wie kurz der Weg ist.
Morgens montierte ich die Runtastic-Ersatzhalterung fürs Handy am Lenker. Das alte Band hatte nach langem Dienst den Geist aufgegeben. Danach ging es mit Gegenwind nach Christchurch. Ich erkundete die Stadt im Zick-Zack und schaute mir den sensationellen Spielplatz (auch für Erwachsene) im Stadtzentrum an.
Dann ging es in den Vorort Sumner an der Küste. Mein zweiter Trading-Interviewpartner, Oli Hille, hat mir freundlicherweise ein Apartment dort angeboten. Damit waren es an diesem Tag nur 92 km auf dem Rad mit 70 HM.
Am späten Nachmittag ging ich noch auf eine Laufrunde. Es war dringend mal wieder an der Zeit zum Laufen, um die Form halbwegs zu halten. Ich lief erst den großen Hügel zum Godley Beach Park hoch und dann die Summit Road bis ganz ans Ende. Da oben wehte ein ordentlicher Wind und das Wetter wurde zunehmend schlechter. Zurück ging es über einen schönen Trail am Meer entlang.
Tag 16: Fahrt nach Geraldine
Morgens zunächst wie geplant das Interview mit Oli Hille. Danach zügig durch Christchurch geradelt und raus aufs Land. Es lief gut.
Aber dann ein herber Rückschlag. Mantelplatzer bei Darfield. Der Asphalt auf den Straßen war die ganze Zeit so rau, dass sich das Material des Reifens komplett abgenutzt hatte. Der Mantel war unbrauchbar, aber in Darfield gab es keinen Radladen. Und ich hatte beim letzten Mantelkauf in Napier keinen Ersatz mitgenommen (worüber ich jetzt fluchte).
Was tun? Ich war etwas verzweifelt. Nur noch 3 Tage Zeit bis Wanaka, wie sollte ich das jetzt noch schaffen? Ich sah mich schon im Bus sitzen… Da war der Körper nun so gut austrainiert, dass er die ganzen Strapazen mitmacht, und dann macht die „Hardware“ schlapp. So ein Mist. Die Panne war etwas außerhalb von Darfield, wo ich nun am Straßenrand das Rad schob und den Daumen raushielt, um mitgenommen zu werden. Tiefpunkt.
Ein Jeep hielt an und nahm mich samt Rad bis ins Ortszentrum mit. Dort begann ich herumzufragen, ob mir vielleicht jemand helfen kann. Und tatsächlich: In einem Cafe traf ich Nathan und Denise aus Christchurch, die ohnehin gerade zurückfahren wollten. Sie nahmen mich mit und setzten mich direkt am Bike Barn Radladen ab. Tausend Dank euch beiden!
Zum Glück hatte der Laden trotz Feiertag offen. Ich besorgte ich mir 2 Mäntel, einen davon als Ersatz (ich hatte ja dazugelernt). Es war schon nach Mittag und ich wurde wieder optimistisch. Wenn ich den direkten Weg über die Schnellstraße nehmen würde statt wie geplant die schönere Tour außen herum, könnte ich es noch bis Geraldine zu schaffen. Kurzer Anruf im Hostel dort, dass es spät werden würde, und los.
Unterwegs trübte sich das Wetter ein. Es begann erst zu nieseln, später zu regnen. Die Straße zog sich endlos wie ein Kaugummi, fast nur geradeaus. Nass, kalt und düster.
Aber irgendwann war es geschafft. Ich kam nach insgesamt 190 km und 445 HM an. Im Hostel gab es zum Glück einiges an Free Food in der Küche zum Kochen, sodass ich mir noch den Bauch vollschlagen konnte.
Tag 17: Fahrt nach Omaramu
Zum Glück war der Regen morgens abgezogen. Allerdings quietschte jetzt die Kette vom Regen gestern, und ich hatte kein Kettenöl dabei. Wieder etwas dazugelernt, was man dabei haben sollte.
Unterwegs traf ich Jakob aus Nürnberg auf seinem Tourenrad. Er war auf dem Weg nach Queenstown, um dort Arbeit zu finden (Work and Travel). Er meinte, dass es ohne Auto gar nicht so einfach ist, etwas zu finden. Vor allem auf der Südinsel, wo man hauptsächlich auf Plantagen arbeiten kann, wird oft ein Auto vorausgesetzt.
Mittags riss dann plötzlich der Himmel auf, als es über den Burkes Pass in Richtung Tekapo ging. Und dann war sie plötzlich zu sehen, die imposante Bergkette der Südalpen. Ein Wahnsinns-Panorama.
Kurz darauf der Lake Tekapo mit seinem stahlblauen Wasser. Und später leider noch ein Platten, der aber auf unsauberes Flicken des Schlauchs ausgelöst wurde (also selbst schuld). Auch der neue Mantel war nicht ideal, da hätte ich lieber Qualität kaufen sollen statt etwas Günstiges.
Dann ging es endlich wieder mal bergab Richtung Lake Pukaki. Der ist der zweite große See, der aus den Südalpen gespeist wird. Von hier aus war das Panorama Richtung Mount Cook nochmal besser.
Am Ende hatte ich nochmal saftigen Gegenwind von Twizel nach Omarama. Entlohnt wurde die Tagestour über 185 km und 1400 HM durch einen sensationellen Sternenhimmel am späten Abend. Übernachtung war im Ahuriri Backpackers, wo ich durch einen glücklichen Zufall sogar im Einzel-Apartment schlafen konnte.
Tag 18: Fahrt nach Wanaka
Der letzte Tag der Tour – leider! Aber ich fühlte mich auch langsam müde. Dazu immer mal ein paar Wehwehchen hier und da, ständig Hunger, und die Klamotten waren auch schon ziemlich abgenutzt. Zudem gab es ein paar Sachen, die ich dringend am Notebook abarbeiten musste.
Und natürlich stand in Wanaka das Wiedersehen mit Micha nach 5 Wochen an. Also freute ich mich darauf, endlich anzukommen. Motiviert fuhr ich los, und mit Rückenwind ging es den Lindis Pass rauf.
Unterwegs waren wieder viele Schafe und Kühe zu sehen. Interessant ist, dass die Tiere oft einfach zusammen auf die Wiese gestellt werden. Schafe, Kühe, helle und dunkle, und alle fressen ganz in Ruhe ihr Gras mit Blick auf das Bergpanorama. Kein schlechtes Leben.
An der Landschaft war gut zu erkennen, dass es hier meist trocken ist. Alles, was nicht bewässert wurde, war gelb bis braun. Das liegt daran, dass sich die großen Regenwolken an den hohen Bergen an der Westküste abregnen und hier, quasi im „Windschatten“, kaum noch etwas übrig bleibt. Es sah ein bisschen aus wie in Südkalifornien.
Ich machte einen kurzen Stopp in Tarras, um Wasser aufzufüllen. Dort lernte ich auf einem Buchcover Shrek, das wollige Merino-Schaf kennen. Total zugewachsen, da es als Touristen-Attraktion nicht geschoren wurde. Das arme Tier hat bestimmt ordentlich geschwitzt.
Am Nachmittag dann endlich die Einfahrt nach Wanaka. An den Masten entlang der Straße hingen schon mehrere Challenge-Flaggen, die den Triathlon in der kommenden Woche ankündigten. Was für ein tolles Gefühl, es nach all den Strapazen und Unwägbarkeiten tatsächlich geschafft zu haben. Unbezahlbar!
Ich fuhr ins Wanaka Bakpaka Hostel, wo mich Michaela schon erwartete. Wir hatten uns zuletzt Anfang Januar in Würzburg gesehen, und jetzt hier auf der anderen Seite der Welt. Das war echt ein besonderer Tag.
Wir hatten nun erstmal 3 Nächte in Wanaka zum Ausruhen. Am späten Nachmittag gingen wir noch kurz zum Schwimmen an den See, der an diesem Tag sogar recht warm war. Abends dann ein ausgiebiges All You Can Eat in einem Burger-Laden.
Mission erfüllt! Insgesamt waren es bis hierhin rund 2800 km und 21.000 HM. In den restlichen 2,5 Wochen kam noch etwas dazu, sodass meine Spendenaktion für Amnesty International ein voller Erfolg war. Tausend Dank nochmals an alle Spender, wir haben das Ziel mit insgesamt 520 Euro mehr als erreicht!
Weiter gings dann mit dem Mietauto auf eine erlebnisreiche Rundreise über die Südinsel. Dazu zählte unter anderem der Buller Gorge Marathon, den ich als Trainingslauf eingeplant hatte. Anschließend führte unsere Tour über den Arthurs Pass und vorbei am Mount Cook wieder zurück nach Wanaka zum Triathlon. Den Wettkampfbericht zum Rennen gibt es hier.
Hi Marko,
super, dass Du wieder gesund zurück bist.
Du hast auf jeden Fall Dein Reservoir an Vitamin D gut aufgefüllt (auf Kosten der Haut).
Die Bilder sind sehr beeindruckend. Womit hast Du sie aufgenommen, mit einem Smartphone?
Und wie war das mit dem Gepäck für die lange Zeit da unten? Das war sicher nicht alles in Deinem leichten Rucksack, oder?
Jetzt freue ich mich schon darauf, bald wieder was von Dir zum Trading zu hören.
Gruß und danke für den Bericht, Martin
Hey Martin, doch ich hatte nur den einen Rucksack dabei. Bin schon in Radklamotten in den Flieger. Absolut minimalistisch eben.Die Fotos hab ich mit einer ganz einfachen kleinen Digicam gemacht. Nur am letzten Tag vor dem Rückflug fehlen die Bilder, denn leider hab ich die Cam in Hongkong im Flieger liegen lassen. Hab es zwar später noch gemerkt und bin zurück, aber da war sie schon weg…
Hey Marko,
sehr schön mal wieder von Dir zu lesen! Habe deinen gesamten Bericht soeben lückenlos und pausenlos reingezogen. Grandios wie Du das gemeistert hast. Und gut daß Du gesund alles überstanden hast. Sehnsucht laß nach…Als Hobby Mountainbiker habe ich zwei fragen: mit welcher Kamera hast Du die Photos gemacht? Und mit welchem Navigerät warst Du unterwegs? Oder alles per Smartphone? ich hoffe auf mehr von Dir – wie Martin vor mir besonders auch wieder zum Traden. Dir wünsche ich weiterhin ganz viel Gesundheit und Motivation für weitere Abenteuer! Herzlichen Gruß Eberhard
Danke dir! Fotos mit einer einfachen kleinen Digicam, Navi via Smartphone. Die App heißt „Ride with GPS“, kann man in der Basisversion kostenlos nutzen, die reicht auch völlig aus. Zum Traden schreib ich erstmal nur die Grundlagen-Serie. Zurzeit geht viel Zeit für Sport drauf, mache daher wohl bis April nix an der Börse.