Mein erster Triathlon-Sieg, oder der „unmögliche“ Moment
Es war eigentlich immer nur ein Traum. Ein Traum, den viele Amateursportler träumen: Nur einmal als erster über die Ziellinie zu laufen!
Dieser Traum wurde für mich am 27. Juli 2014 Wirklichkeit. Völlig unerwartet konnte ich beim Triathlon in Hofheim die Mitteldistanz gewinnen. Was eigentlich als Vorbereitungsrennen für die eine Woche später stattfindende Mitteldistanz in Erlangen gedacht war, entwickelte sich zum verzweifelten Kampf, die überraschende Führung bis ins Ziel zu verteidigen. Doch eins nach dem anderen.
Der Schwimmstart war um 09:30 Uhr im Ellertshäuser See. Zwei Runden zu je 950 Meter, dazwischen ein kurzer Landgang. Auf Platz 11 kam ich aus dem Wasser, brauchte aber eine gefühlte Ewigkeit, um aus dem Neo zu kommen. Peinlich. Dann aufs Rad, wie so oft in minimalistischer Badehose, und Feuer frei für die übliche Aufholjagd. Schnell konnte ich einen nach dem anderen einkassieren. Etwa bei Kilometer 30 dann die faustdicke Überraschung: „Ist das tatsächlich das Führungsmotorrad da vorn?!“
Trainingsrennen? Vollgas!
Nach kurzem Zweifeln die Entscheidung zum Strategiewechsel: Alles oder nichts! Ich zog das Tempo an und versuchte, schnell eine Lücke zu reißen. Erst viele Kilometer später der Blick nach hinten und die Gewissheit, dass vorerst keiner folgen konnte. Dennoch fortlaufend der Gedanke: „Jeden Moment überholt einer von hinten, und dann war’s das.“ Ich hatte noch nie auch nur für eine Sekunde ein Rennen angeführt, und dass trieb mich jetzt an, noch etwas stärker in die Pedale zu treten. Der Glaube ans Podest: Ja. An den Sieg? Zu diesem Zeitpunkt nie und nimmer!
Etwa 10 Kilometer vor dem Wechsel zum Laufen wurde ich wie befürchtet überholt. Bis zum Wechsel war eine Lücke von fast 1 Minute entstanden. Jetzt volles Risiko, einen schnellen Wechsel hinlegen (also Socken weglassen) und die Lücke zulaufen. Der Plan ging auf, der Führende wechselte langsamer und ich war gleich zu Beginn der Laufstrecke wieder auf Platz 1.
Ab jetzt war es mit dem Spaß allerdings vorbei. 30 Grad, Sonne, von Anfang an eine Druckstelle am Fuß und die ständige Angst, erneut überholt zu werden. Schon in der ersten von insgesamt vier Runden spürte ich, dass es mit dem Fuß wohl kein gutes Ende nehmen würde. Dazu wegen der Hitze auf jeder Runde 3x Wasser über den Kopf zur Kühlung, was aber bis in die Schuhe lief und die Haut immer weiter aufweichte. Energetisch hatte ich gut geplant und noch zwei Gels dabei, die ich Stück für Stück aufbrauchte.
„Bis der Fuß abfällt“
Nach der zweiten Runde wurde es wirklich schmerzhaft. Erste Gedanken ans Aufgeben. Dann sofort wieder verdrängen. Stattdessen die Ziellinie visualisieren und an das Gefühl denken, wirklich als Erster anzukommen. Dann Schritte von hinten, kurz darauf das Überholmanöver – zum Glück nur der Führende des Rennens auf der kürzeren Distanz.
In der 3. Runde hätte ich unter normalen Umständen aufgegeben. Denn jetzt spürte ich, dass die Hornhaut unten am Fuß abgelöst war und nach hinten wegrutschte. Ich lief an dieser Stelle also auf dem Fleisch. Trotzdem sagte mir immer wieder, dass der Ausstieg in Führung liegend nicht infrage kommt. Diese Gelegenheit kommt vielleicht nur einmal, also läufst du, bis der Fuß abfällt!
Die letzte Runde war die Hölle. Doch der Gedanke an den möglichen Sieg ließ mich das Tempo in etwa aufrechterhalten. Tunnelblick. Nichts zählte außer der Ziellinie, es war wie im Rausch. Etwa 500 Meter vor dem Ziel erste Anfeuerungsrufe, dann die Kurve zur Zielgeraden, die Schmerzen plötzlich weg. Kurzer Blick nach hinten. Jetzt erst wusste ich, dass es reichen wird! Noch 100 Meter, Leute klatschen links und rechts, oben der Zielbogen.
Dieser Moment, den man sich in unzähligen Trainingseinheiten gedanklich ausgemalt und dennoch nie für realistisch gehalten hat. Dieser unmögliche Moment, der plötzlich Wirklichkeit wird. Ein Wahnsinns-Gefühl, das sicher jeder, der es einmal erleben durfte, nie wieder vergisst!
Saisonende… Aber egal!
Im Ziel kurz durchschnaufen, Gratulation vom Wettkampfrichter, kurzes Statement ins Mikro. Der Zweit- und Drittplatzierte plötzlich auch schon da. Dann kommen die Schmerzen zurück. Hinsetzen, schnell noch ein Interview. Die Sanitäter kommen vorbei, desinfizieren die Wunde (höllische Schmerzen) und legen mir einen dicken Verband an. Ein paar Stunden später die Siegerehrung: Pokal, Preisgeld, Sachpreise, Erinnerungsfotos.
Die Saison war rückblickend wegen der Fußverletzung vorbei. Ganze 7 Wochen hat es gedauert, bis wieder Lauftraining möglich war. Doch das Ergebnis bleibt für die Ewigkeit. Nie werde ich diesen Tag vergessen!
● Link zum Zielinterview (völlig von der Rolle und mit schönstem Dialekt – Link funktioniert aktuell leider nicht mehr)